Forscher attestiert Grube Messel "hohe gesellschaftliche Relevanz"

Forscher attestiert Grube Messel "hohe gesellschaftliche Relevanz"
Seit 30 Jahren ist die südhessische Grube Messel Weltnaturerbe. Die Fossilien, die dort gefunden werden, sind rund 47 Millionen Jahre alt. Damals herrschten Umweltbedingungen, auf die wir heute rapide zusteuern, sagt der Paläontologe Krister Smith.
01.12.2025
epd
epd-Gespräch: Susanne Rochholz

Frankfurt a.M. (epd). Die Fossilien-Fundstätte Grube Messel gibt nach Einschätzung des Senckenberg-Forschers Krister Smith „einen einzigartigen Einblick in ein Ökosystem unter Treibhaus-Klimabedingungen“. Die Grube in ihrer heutigen Form sei entstanden, „als Umweltbedingungen herrschten, auf die wir rapide zusteuern“, erklärte der für die Grube zuständige Paläontologe von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zur Entstehungszeit vor rund 47 Millionen Jahren habe die Luft viel mehr Kohlendioxid enthalten als heute.

„Wenn wir also wissen wollen, wie ein Ökosystem funktioniert unter solchen Bedingungen, dann ist Messel vielleicht unsere beste Möglichkeit“, erläuterte Smith, Abteilungsleiter Messelforschung und Mammalogie. Sie sei daher „ein super interessantes Forschungsfeld mit hoher gesellschaftlicher Relevanz“.

Die Grube Messel in Südhessen ist seit 30 Jahren Weltnaturerbe. Sie gilt als „Fenster zur Urzeit“ und erlaubt einen Blick ins Erdzeitalter des Eozän, das vor rund 56 bis 58 Millionen Jahren begann und gut 22 Millionen Jahre dauerte.

Fossilien mit Federn, Schuppen und Haaren

Der Zustand von zahlreichen in der Grube gefundenen Fossilien sei hervorragend, betonte Smith. „Wir sehen nicht nur isolierte Knochen, sondern ganze Skelette und auch Weichteile.“ Zu erkennen seien mitunter Gefieder, Beschuppung oder die Behaarung von Landwirbeltieren. Bei manchen gefundenen Tieren sei noch der Mageninhalt vorhanden. Selbst Insekten, andere Wirbellose und Pilze seien in dem früheren Vulkansee konserviert worden.

Seit 50 Jahren graben die Senckenberg Gesellschaft und das Hessische Landesmuseum Darmstadt regelmäßig und systematisch in der Grube, vor 150 Jahren wurde dort das erste Fossil - ein Alligator - entdeckt und geborgen. Mehr als 1.400 verschiedene Typen von Lebewesen aus der Urzeit haben die Forschenden laut einer Zwischenbilanz in der Grube Messel ausgegraben, wie es in einer Anfang des Jahres veröffentlichten Bilanz hieß.

„Sind noch dabei, seltene Arten zu finden“

Smith relativierte diese Zahl allerdings: Es seien zwar schon viele Arten bekannt, „vor allem die häufigen Arten kennen wir vermutlich alle“, sagte er. „Aber wir sind noch dabei, die seltenen Arten zu finden. Das wird leider schwieriger und schwieriger“, räumte er ein. Gleichwohl sei es ein Ziel, die Artenvielfalt in der Grube Messel vor 47 Millionen Jahren möglichst vollständig zu erfassen.

Es gehe aber vor allem auch darum, „das Ökosystem in seiner Gesamtheit besser zu verstehen“. Ziel sei es, herauszufinden, „nicht nur, wie viele Arten es gegeben hat, sondern wie sie miteinander verbunden waren, wie das Ökosystem funktionierte, wie das Nahrungsnetz aussah“.