Katholikentag: Merkel warnt vor Panikmache beim Thema demografischer Wandel

Katholikentag: Merkel warnt vor Panikmache beim Thema demografischer Wandel
Bundeskanzlerin Merkel ist am Freitag auf dem Katholikentag in Mannheim mit großem Applaus empfangen worden. Sie warb für eine Stärkung der Familie und mehr Generationengerechtigkeit. Beides sind Kernthemen des fünftägigen Christentreffens.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit Blick auf den demografischen Wandel vor Panikmache gewarnt. Allerdings müssten als Konsequenz aus einer älter werdenden Gesellschaft ältere Menschen besser in die Arbeitswelt integriert werden. Die Interessen und Belange von Jungen und Alten dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, sagte Merkel am Freitag auf dem 98. Deutschen Katholikentag in Mannheim. Ein Schwerpunkt auf dem Christentreffen, das am Sonntag zu Ende geht, war zudem die Ökumene. Hier wurde vor einem Reformstau gewarnt.

Merkel sagte, der schrittweise, absehbare Prozess des demografischen Wandels sei eine große Chance: "Wir können uns rechtzeitig auf Veränderungen einstellen." Sie warnte zugleich vor einer völligen Ökonomisierung des Familienlebens. In der Berufswelt sei mehr Respekt vor den Familien nötig. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie müsse gestärkt werden, fügte die CDU-Politikerin hinzu. Merkel verteidigte die Entscheidung zur Rente mit 67. Die Lebensarbeitszeit müsse an den demografischen Wandel angepasst werden. Die Kanzlerin reiste im Anschluss zum G-8-Gipfel nach Camp David bei Washington. 

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warnte vor einer Bunkermentalität in der katholischen Kirche und rief zu Reformen auf. "Wir dürfen aus unserer Kirche keine abgeschlossene Arche machen", sagte die SPD-Politikerin. Sie nehme viel Starrheit und Angst vor Veränderung wahr, ergänzte die Katholikin. Nahles warb für einen anderen Umgang mit Homosexualität und für mehr Ökumene. "Unsere Kirche darf doch kein Museumsstück werden, starr und unbeweglich", sagte sie in einer Bibelarbeit.

Am Anfang eines epochalen Umbruchs

Nach Ansicht des früheren "Ökumeneministers" des Vatikan, Kardinal Walter Kasper, steht die Kirche vor den größten Veränderungen seit dem 19. Jahrhundert. Die Volkskirche erlebe derzeit ihr Ende, sagte der Kardinal: "Wir stehen erst am Anfang eines epochalen Umbruchs." Die Kirche werde in zehn oder 20 Jahren völlig anders aussehen als heute und sich wieder mehr der Ur-Kirche annähern. Kasper rief die Christen auf, die Gottesfrage wieder in den Mittelpunkt zu stellen. "Wir sind in der Krise, weil Gott in unserer Welt immer mehr ein Fremder wird", sagte der ehemalige Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, der in diesem Amt bis 2010 im Vatikan für Angelegenheiten der Ökumene zuständig war.

Die katholische Kirche braucht nach Auffassung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) eine neue Aufgabenverteilung zwischen Priestern und Laien. Im Zusammenhang mit den Strukturreformen sei ein Mentalitäts- und Kulturwandel nötig, sagte ZdK-Präsident Alois Glück der "Saarbrücker Zeitung" (Freitagsausgabe). Priester müssten bei Verwaltung, Organisation und Finanzen auch loslassen. Laien dürften nicht mehr erwarten, dass der Pfarrer versorgt.

Der palästinensische Pfarrer Mitri Raheb griff auf dem Katholikentag die israelische Besatzungs- und Siedlungspolitik erneut scharf an. "Wir steuern auf ein Apartheidssystem zu", sagte der lutherische Geistliche. Das Westjordanland sehe aus wie ein Emmentaler Käse, "und Israel bekommt den Käse". Raheb gehört zu den Mitunterzeichnern des umstrittenen Kairos-Palästina-Papiers von 2009. Darin wird unter anderem ein Boykott israelischer Waren befürwortet. Die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern hätten nichts gebracht, kritisierte Raheb. Statt Bewegung gebe es "Stillstand".