Polizeipräsidentin sieht in digitaler Gewalt neue Gefahren für Frauen

Polizeipräsidentin sieht in digitaler Gewalt neue Gefahren für Frauen
Die hannoversche Polizeipräsidentin Gwendolin von der Osten warnt angesichts des Aktionstages gegen Gewalt an Frauen vor neuen Gefahren. Gemeinsam mit kirchlichen Initiativen will sie auf dem Weihnachtsmarkt dafür werben, genau hinzusehen.
21.11.2025
epd
epd-Gespräch: Karen Miether

Hannover (epd). Durch Straftaten im Internet und den sozialen Medien sind Frauen nach Beobachtung der hannoverschen Polizeipräsidentin Gwendolin von der Osten zunehmend neuen Formen von Gewalt ausgesetzt. „Digitale Gewalt hat ganz viele Facetten“, sagte von der Osten dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gemeinsam mit kirchlichen Initiativen will sie am „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ am Dienstag auf dem Weihnachtsmarkt in Hannover aufklären und deutlich machen: „Wer von Gewalt betroffen ist, trägt keine Mitschuld.“

Die Anonymität im digitalen Raum sorge bei Tätern dafür, dass sie weniger Schuldgefühle und weniger Verantwortungsbewusstsein hätten, erläuterte die Polizeipräsidentin. Dabei reichten die Delikte von Beleidigung und Verleumdung bis zu Erpressung oder dem Versenden von weiblichen Nacktbildern, die mit Künstlicher Intelligenz erstellt seien. „Viele betroffene Frauen ziehen sich einfach zurück und versuchen, das Erlebte zu verdrängen, weil es für sie sehr schambehaftet ist“, sagte sie. „Wichtig ist aber, dass die Scham die Seite wechselt.“

Dunkelfeld ist noch viel höher

Laut polizeilicher Kriminalstatistik ist die sogenannte „Häusliche Gewalt“ aus dem privaten Umfeld in der Region Hannover von rund 6.200 Delikten in 2023 auf mehr als 6.800 in 2024 gestiegen. Das Bundeskriminalamt will am Freitag die Bilanz von Gewaltstraftaten gegen Frauen im vergangenen Jahr veröffentlichen.

Das Dunkelfeld sei noch viel höher, sagte die Polizeipräsidentin. „Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen aus der Familie, Partner oder Ex-Partner Frauen angreifen, ist deutlich höher, als dass eine fremde Person das tut.“ Quer durch alle gesellschaftlichen Schichten habe fast jeder im Verwandten- oder Bekanntenkreis Betroffene.

„Das Thema wird noch immer tabuisiert, dabei geht es alle an“, betonte von der Osten. „Darum ist es gut, wenn viele bei bestimmten Verhaltensweisen reagieren und Hilfe anbieten.“ Dabei solle sich jedoch niemand durch sein Eingreifen selbst in Gefahr bringen. Im Zweifel gelte es, die Polizei zu rufen. Dennoch seien alle gefragt, denn insbesondere bei Taten im privaten Umfeld falle es Betroffenen oft sehr schwer, den ersten Schritt zu gehen und sich anzuvertrauen. „Deshalb müssen Aufmerksamkeit, Empathie und Hilfsangebote immer wieder erfolgen, weil dann irgendwann der Bann gebrochen ist.“