Leipzig (epd). Erstmals seit rund 320 Jahren sind am Montag in Leipzig zwei bislang unbekannte Solo-Werke von Johann Sebastian Bach (1685-1750) in der Thomaskirche erklungen. Bei den Orgelstücken handele es sich um sogenannte Chaconnen, erklärte der Entdecker und Direktor des Bach-Archivs Leipzig, Peter Wollny. Nach über 30-jähriger Forschungsarbeit könne er die beiden Werke mit 99,99-prozentiger Sicherheit dem mitteldeutschen Komponisten zuordnen.
Wollny erklärte, er habe die beiden Stücke bereits 1992 in einer Brüsseler Bibliothek in einem alten Handschriftenband mit Orgelwerken entdeckt. Die Wasserzeichen des Papiers und die Schriftart hätten auf Mitteldeutschland um das Jahr 1700 hingewiesen. Rund 20 Jahre später habe er erste Hinweise auf Salomon Günther John als Kopisten erhalten. Dieser habe sich 1727 auf eine Stelle im ostthüringischen Schleiz beworben und sich in dieser Bewerbung als Schüler Bachs bezeichnet. Erst im vergangenen Jahr konnte Wollny frühe Handschriften Johns einsehen und dessen Abschriften Bachs Arnstädter Frühzeit zuordnen.
Stilvergleich belegt Einzigartigkeit
Auch musikalisch verweist laut Wollny ein Stilvergleich auf Bach. In beiden Chaconnen fänden sich kompositorische Fingerabdrücke, die in dieser Zeit für ihn einzigartig gewesen seien.
Der Präsident der Stiftung Bach-Archiv Leipzig, Ton Koopman, teilt eigenen Angaben zufolge die Zuschreibung an Bach. Die Stücke seien ein Gewinn für die Komponisten der heutigen Zeit. Sie könnten auf kleineren Orgeln gespielt werden und zeugten von der Genialität des jugendlichen Komponisten.



