Arbeitsmarktforscher kritisiert Aus für schnellere Einbürgerung

Arbeitsmarktforscher kritisiert Aus für schnellere Einbürgerung
21.10.2025
epd
von: epd-Gespräch: Dirk Baas

Nürnberg (epd). Der Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker sieht das Aus der beschleunigten Einbürgerung kritisch. Er mache sich Sorgen, dass durch die wieder auf fünf Jahre verlängerte Einbürgerungsfrist die Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften beeinträchtigt werde, sagte der Wirtschaftswissenschaftler vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Die Reform ist nur ein kleiner Mosaikstein.“ Aber man müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Verschlechterung des politischen und gesellschaftlichen Klimas für Migrantinnen und Migranten negative Auswirkungen habe.

Die Bundesregierung hat die von der Ampel-Koalition eingeführte Möglichkeit zur Einbürgerung nach bereits drei Jahren wieder zurückgenommen. Künftig ist eine Einbürgerung wieder erst frühestens nach fünf Jahren Aufenthalt möglich. Brücker verwies darauf, dass von dem beschleunigten Verfahren nur wenige Menschen profitierten. „Grundsätzlich hilft die Einbürgerung der Integration. Eine Behinderung der Einbürgerungschancen wirkt deshalb negativ.“

Die Abschaffung der Einbürgerungsmöglichkeit nach drei Jahren trifft laut dem Forscher nur einen sehr kleinen Kreis, in der Regel hochqualifizierte Personen mit exzellenten Deutschsprachkenntnissen, die ökonomisch gut gestellt sind und die sich zudem im Bildungssystem oder durch ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet haben. Es gehe nach vorliegenden Informationen nur um einige hundert Personen pro Jahr. „Insofern sind die materiellen Auswirkungen auf die hier lebende Migrationsbevölkerung gering, es geht eher um eine symbolische Maßnahme“, erklärte Brücker.

Aber, so wandte der Experte ein: „Warum soll jemand, der eine deutsche Schule im Ausland besucht hat, perfekt Deutsch spricht, überdurchschnittlich verdient und sich sozial engagiert nicht schon früher eingebürgert werden? Das ist das, was andere Einwanderungsländer, mit denen wir im Wettbewerb stehen, machen.“ Es komme deshalb auf den erreichten Integrationsstand an, nicht auf die Aufenthaltsdauer.

Brücker rechnete vor, dass Deutschland eine Nettozuwanderung von 400.000 Personen pro Jahr brauche, das entspreche etwa 1,6 Millionen Zuzügen, um genügend Erwerbspersonen für den Arbeitsmarkt zu haben. „Inzwischen haben wir einen negativen Wanderungssaldo mit der EU, so dass diese Menschen aus Drittstaaten kommen müssen. Dafür müssen wir Anreize schaffen.“

Neben wirtschaftlichen Faktoren spiele die Frage einer gesicherten Bleibeperspektive eine zentrale Rolle. Die Option einer schnelleren Einbürgerung könne dabei helfen, sei aber nicht entscheidend. „Nur wenn die Bundesregierung und der Gesetzgeber mit deren Abschaffung das Signal senden wollen, dass eigentlich weniger Migration gewollt ist, wird es problematisch“, so der Forscher.