Leipzig (epd). Der ostdeutsche evangelische Theologe Friedrich Magirius ist tot. Er starb am Montag im Alter von 95 Jahren in Leipzig, wie die Stadtverwaltung am Dienstag mitteilte. Von 1982 bis zu seiner Pensionierung 1995 war Magirius Superintendent für den Kirchenbezirk Leipzig-Ost und gestaltete gemeinsam mit dem Nikolaikirchenpfarrer Christian Führer die Leipziger Friedensgebete, die bei der Wende in der DDR 1989 eine bedeutende Rolle spielten. Seine Position zwischen den Bürgerrechtlern und der DDR-Führung blieb umstritten. Er selbst sah sich als Vermittler zwischen den Gruppen.
Sachsens evangelischer Landesbischof Tobias Bilz würdigte Magirius als einen „herausragenden Theologen“, der die Kirche in der DDR und danach entscheidend mitgeprägt habe. „Sein Leben und Wirken standen im Zeichen der Verständigung zwischen widerstreitenden Meinungen in einer Zeit, in der Kirche und Gesellschaft Orientierung suchten“, erklärte Bilz.
Magirius wurde am 26. Juni 1930 in Dresden geboren. Nach dem Studium in Berlin und Greifswald war er unter anderem als Pfarrer in Einsiedel (heute Chemnitz), an der Dresdner Kreuzkirche und der Leipziger Nikolaikirche tätig. Im Mai 2022 wurde Friedrich Magirius für seine Verdienste zum Ehrenbürger der Stadt Leipzig ernannt.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nannte den Theologen „einen wahren Brückenbauer“. Er habe sein Leben der Demokratie, dem Frieden und der Versöhnung gewidmet, erklärte er. Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) erklärte, Magirius hinterlasse ein großes Vermächtnis. Er habe immer die Gerechtigkeit und das friedvolle, demokratische Miteinander im Blick behalten. Großes Ansehen habe sich Magirius in Polen als Leiter der Aktion Sühnezeichen in der DDR erworben.
Die Organisation setzt sich bis heute mit Freiwilligendiensten in den ehemals von Nazi-Deutschland besetzten Ländern für die Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Magirius, der als Jugendlicher den Luftangriff der Alliierten auf Dresden erlebte, bekam für sein Engagement 2005 die Ehrenbürgerwürde der polnischen Stadt Krakau. Krakau ist Partnerstadt von Leipzig. Bis zu seinem Tod wirkte der Theologe in mehreren Ehrenämtern für die Verständigung mit Polen und Tschechien sowie den christlich-jüdischen Dialog.
Während der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR moderierte Magirius von Januar bis Mai 1990 den Runden Tisch in Leipzig. Er übernahm das übergangsweise eingerichtete Amt des Stadtpräsidenten und half bis 1994 entscheidend mit, die Stadtverwaltung nach den neuen Gegebenheiten umzustrukturieren. Von der Partei Bündnis90/Die Grünen wurde er 1994 als Kandidat zur Leipziger Oberbürgermeisterwahl aufgestellt.
Für seine Leistungen erhielt Magirius mehrere Auszeichnungen, darunter 1990 die Goldene Kamera stellvertretend für das Volk der DDR und den Gustav-Heinemann-Bürgerpreis. Seit 1995 war er Offizier der Ehrenlegion Frankreichs.