Berlin (epd). Der Anteil von Ostdeutschen in Spitzenpositionen ist in den zurückliegenden Jahren nur leicht angewachsen. Wie aus dem am Freitag in Berlin vorgestellten „Elitenmonitor“ hervorgeht, lag er 2024 bei 12,1 Prozent. Sechs Jahre zuvor lag der Anteil ostdeutscher Führungskräfte in staatlichen Institutionen sowie privaten Unternehmen oder Organisationen demnach bei 10,9 Prozent. Seit 2022, als die Quote der Studie zufolge bei 12 Prozent lag, hat sich aber kaum noch etwas getan. In Wirtschaft und Kultur ging der Anteil Ostdeutscher in Führungspositionen sogar zurück.
Der „Elitenmonitor“ ist eine Langzeituntersuchung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten Leipzig und Jena sowie der Fachhochschule Zittau/Görlitz. Betrachtet wurden den Angaben zufolge rund 3.000 Spitzenpositionen unter anderem in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Justiz, Kultur, Medien, Wissenschaft und Religion. Als ostdeutsch gilt, wer vor oder nach der Wiedervereinigung im Gebiet der ehemaligen DDR inklusive Ost-Berlin geboren ist. Ihr Anteil an der Bevölkerung liegt bei 20 Prozent.
Gestiegen ist der Anteil Ostdeutscher in Top-Positionen der Studie zufolge insbesondere in der Verwaltung, auf die die Politik direkten Einfluss hat. Dort lag er im vergangenen Jahr bei 12,7 Prozent. In den obersten Bundesbehörden liegt der Anteil ostdeutscher Führungskräfte demnach sogar bei 15,5 Prozent.
In der Wirtschaft ist der Anteil der Untersuchung zufolge auf 4 Prozent gesunken (2022: 5 Prozent). Dort sind Ostdeutsche laut Studien-Mitautor Lars Vogel zudem nur in Spitzenpositionen der Verbände vertreten. Die Quote von aus Ostdeutschland stammenden Führungskräften in den 100 größten deutschen Unternehmen liege hingegen bei null Prozent, sagte der Politikwissenschaftler Vogel. 2018 lag sie noch bei 2,9 Prozent. Auch im Militär gibt es der Studie zufolge gar kein ostdeutsches Führungspersonal.
In der Kulturbranche ist den Daten zufolge der Anteil ostdeutscher Führungskräfte auf 6,8 Prozent zurückgegangen (2022: 7,4 Prozent). Bei den Religionsgemeinschaften waren im vergangenen Jahr 7,1 Prozent der Führungskräfte in Ostdeutschland geboren, 2022 waren es ein wenig mehr (7,3 Prozent).
Es gebe Verbesserungen, aber auch „bedenkliche Entwicklungen“, sagte die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Elisabeth Kaiser (SPD). Sie sprach von nach wie vor bestehenden strukturellen Unterschieden.
Die Personalberaterin Constanze Buchheim, die Führungskräfte im Bereich der Digital- und Transformationsbranche rekrutiert, sagte, aus ihrer Beobachtung werde man für relevante Positionen vorgeschlagen, durch Netzwerke oder Headhunter. Ostdeutsche hätten diese Netzwerke oft nicht. Zudem habe sie die Erfahrung gemacht, dass Ostdeutschen in der Erziehung oft gesagt worden sei, man solle sich nicht so in den Mittelpunkt stellen. Das sei ein Nachteil beim Buhlen um Top-Posten.
Buchheim geht nach eigenen Worten davon aus, dass der Anteil Ostdeutscher in Spitzenpositionen auch künftig nicht so schnell steigen werde. Mitautor Vogel sagte, dass sich seit 2018 zumindest der Anteil junger Ostdeutscher in Führungspositionen stärker verbessert habe. Er betonte aber auch, dass seitdem durchaus mehr Ostdeutsche hätten aufrücken können. Immerhin zwei Drittel der in der Langzeituntersuchung betrachteten Elite-Positionen seien seit 2018 ausgetauscht worden - ohne dass Ostdeutsche in relevanter Zahl nachgerückt seien.