Berlin (epd). Das Vertrauen der Deutschen in die Handlungsfähigkeit des Staates ist auf einem Tiefpunkt. 73 Prozent halten den Staat mit Blick auf die zahlreichen Baustellen der Nation für überfordert, wie aus einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes (dbb) hervorgeht. Vor fünf Jahren waren es noch 40 Prozent.
Nur noch ein knappes Viertel (23 Prozent) sieht den Staat in der Lage, seine Aufgaben zu erfüllen. 2020 waren das noch 56 Prozent.
Besonders häufig sehen die Befragten den Staat und seine Behörden bei den Themen Asyl- und Flüchtlingspolitik (30 Prozent), soziale Sicherungssysteme und Rente (16 Prozent), Schul- und Bildungspolitik (15 Prozent), Innere Sicherheit (zwölf Prozent) sowie Gesundheitsversorgung (elf Prozent) überfordert. 70 Prozent gehen nicht davon aus, dass sich unter der neuen Bundesregierung etwas ändert. Die Hälfte glaubt zudem, dass der öffentliche Dienst zu teuer ist.
In der Rangliste der Aufgaben des Staates, die dringend angegangen werden müssen, stehen mit 52 Prozent die Verbesserung der Infra- und Verkehrsstruktur und die Reform und Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme (49 Prozent) ganz oben. Es folgen der Ausbau des Zivil- und Katastrophenschutzes (45 Prozent) und die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes (40 Prozent). Danach kommt die Bewältigung von Migration und Integration mit 38 Prozent.
Die Bürgerbefragung öffentlicher Dienst lässt der Deutsche Beamtenbund seit 2007 jährlich durchführen. Für die aktuelle Studie wurden von Forsa im Juli dieses Jahres 2.009 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger online befragt.
Der dbb-Bundesvorsitzende Volker Geyer sprach von einem „extrem dramatischen“ Vertrauensverlust der Menschen in das Funktionieren des Staates. Die Bundesregierung müsse jetzt die Themen, die den Menschen wichtig sind, wie Bürokratieabbau, Digitalisierung und besserer Service im öffentlichen Dienst, abarbeiten. „Wenn davon wieder nichts im Alltag der Menschen ankommt, folgt auf den ungebremsten Sinkflug des Vertrauens ein ganz harter Aufprall“, warnte er.
Dass die Probleme bislang eher ausgesessen wurden, habe nicht zuletzt auch Konsequenzen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und das Prestige ihrer Berufe, sagte Geyer. Selbst die traditionell beliebten Feuerwehrleute, Polizistinnen und Polizisten, Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas sowie Müllwerker hätten an Ansehen verloren.
Der Ansehensverlust wirkt sich bei den Beschäftigten auch auf ihren Arbeitsalltag aus, wie die Umfrage ergab. Jeder Fünfte im öffentlichen Dienst Beschäftigte (21 Prozent) fühlt sich demnach an seinem Arbeitsplatz wegen möglicher Gewalt- oder Bedrohungssituationen nicht mehr sicher. Die Hälfte (50 Prozent) der Beschäftigten gab an, selbst schon einmal bei der Arbeit behindert, beschimpft oder tätlich angegriffen worden zu sein.
Ein knappes Drittel (30 Prozent) der Bundesbürger gab zudem an, schon einmal Übergriffe auf öffentlich Beschäftigte beobachtet zu haben. Am häufigsten waren demnach Polizistinnen und Polizisten (60 Prozent) oder Rettungskräfte und Notärztinnen und -ärzte (56 Prozent) davon betroffen.