Farbattacke auf Landtag: 25-Jähriger zu Geldstrafe verurteilt

Farbattacke auf Landtag: 25-Jähriger zu Geldstrafe verurteilt
Auszubildender schmierte "Free Gaza"-Parolen auf Fassade
Die Besucher eines "Tages der offenen Tür" im niedersächsischen Landtag waren vor einem Jahr entsetzt - denn die Fassade des Parlaments war in der Nacht zuvor mit "Free Gaza"-Parolen beschmiert worden. Jetzt wurde einer der Täter verurteilt.

Hannover (epd). Wegen einer Farbattacke auf das Gebäude des niedersächsischen Landtags in Hannover ist ein 25-jähriger Mann am Dienstag zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt worden. Das Amtsgericht Hannover sah es als erwiesen an, dass der Mann mit syrischer Staatsangehörigkeit vor einem Jahr gemeinsam mit fünf weiteren unbekannten Tätern in roter Farbe die Worte „Free Gaza“ auf die denkmalgeschützte Fassade des Parlaments schmierte und in der Nähe ein Kunstwerk besprühte. Durch Reinigung und Instandsetzung entstand ein Sachschaden von rund 70.000 Euro (Az: 248 Ds 1181 Js 119806/24 (159/25)).

Der Mann, der zurzeit eine Ausbildung als Sozialassistent macht und Bafög bezieht, gestand die Tat. Das Gericht verurteilte ihn wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung in zwei Fällen zu 100 Tagessätzen zu jeweils 20 Euro. Falls das Urteil rechtskräftig wird, wäre er damit vorbestraft. Der Mann muss zudem die Gerichtskosten tragen. Mit dem Urteil folgte der Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Verteidiger Martin Heising stellte in seinem Plädoyer heraus, der Angeklagte habe nicht aus Zerstörungswut heraus gehandelt. Seine Tat sei „Ausdruck purer Verzweiflung“. Der in Damaskus geborene Mann habe palästinensische Wurzeln und fürchte um seine Angehörigen in Gaza. Nun müsse er in den Medien mit ansehen, wie dort zahlreichen Menschen getötet würden. Durch seine Tat habe er die Öffentlichkeit aufrütteln wollen: „Mein Mandant hat gehandelt, weil er Leben retten wollte.“

Der Angeklagte selbst sagte, er habe die Tat begangen, um Emotionen auszudrücken. Zu seinen Freunden gehörten auch Juden, betonte er: „Ich habe kein Problem mit Juden.“ Zudem bestritt er, neben den Worten „Free Gaza“ auch ein nach unten zeigendes Dreieck auf das Gebäude gemalt zu haben - das Symbol der palästinensischen Terrororganisation Hamas. Dieses war nach der Tat auf der Landtagsfassade gefunden worden.

Der Vorsitzende Richter Olaf Wöltje sagte in seiner Urteilsbegründung, trotz aller glaubhafter Motive bleibe sein Handeln eine Straftat. Der Angeklagte habe einen erheblichen Sachschaden verursacht, der nun von der Gemeinschaft getragen werden müsse: „Am Ende wird es vom Steuerzahler bezahlt.“ Der Richter betonte immer wieder, dass es auch legale Möglichkeiten gebe, seine Meinung auszudrücken. Wenn jeder durch Straftaten das Recht in die eigene Hand nehme, werde die Situation eskalieren.

Die Tat ereignete sich Mitte September 2024 in der Nacht vor einem „Tag der offenen Tür“ im Landtag. Die insgesamt sechs Täter beschmierten dabei auch Säulen und verteilten Farbe auf den Treppen des Eingangsbereichs. Eine Gedenktafel für den Dichter der deutschen Nationalhymne, August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874), wurde ebenfalls mit Farbe beschmiert.

Durch Aufnahmen von Überwachungskameras konnte die Polizei den Angeklagten als einen der Täter ausfindig machen, wie eine Polizistin als Zeugin darlegte. Er ist der Polizei als Teilnehmer von propalästinensischen Demonstrationen bekannt. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung wurde Kleidung mit roter Farbe sichergestellt, die der Farbe auf der Landtagsfassade entsprach.

Die Verteidigung bezeichnete das Strafmaß in einer ersten Reaktion als „überhöht“. Sie hatte auf eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro plädiert, also auf 750 Euro. Rechtsanwalt Heising ließ zunächst offen, ob er Berufung einlegen wird. Immer wieder sprach er davon, dass Israel im Gazastreifen einen „Genozid“ begehe, der auch durch deutsche Waffen unterstützt worden sei. Es handele sich um ein „politisches Verfahren“, da der Verhandlung eine politische Diskussion zugrunde liege. Für einen Antrag auf Berufung hat der Anwalt nun eine Woche Zeit. Solange ist das Urteil nicht rechtskräftig.