München (epd). Im Zuge des Korruptionsskandals in der Münchner Ausländerbehörde sind erste Anklagen erhoben worden. Sie richteten sich gegen drei Personen, teilte die Staatsanwaltschaft München I am Donnerstag mit: gegen einen sogenannten Relocation-Dienstleister sowie gegen zwei ehemalige Beschäftigte im Kreisverwaltungsreferat, wo die Ausländerbehörde angesiedelt ist. Sie sollen rechtswidrige Verwaltungsentscheidungen bei ausländerrechtlichen Angelegenheiten getroffen haben.
Relocation-Dienstleister helfen Personen, die aus beruflichen oder privaten Gründen ins Ausland ziehen oder aus dem Ausland nach Deutschland kommen, beispielsweise bei Umzug oder Behördengängen. Der beschuldigte Relocation-Dienstleister soll die Lage der betroffenen Menschen aus dem Ausland für seine Betrugsmasche ausgenutzt und ihnen legale Aufenthaltstitel versprochen haben. Deren Erteilung war laut Staatsanwaltschaft aber gar nicht möglich.
Konkret wird dem Dienstleister vorgeworfen, mittels gefälschter Wohngeber-Bestätigungen Anmeldungen in München vorgenommen zu haben. Ein früherer Mitarbeiter des Kreisverwaltungsreferats soll dabei 200 Euro in bar erhalten haben, der Relocations-Dienstleister rund 2.000 Euro. Ziel der fingierten Anmeldung sei unter anderem gewesen, die Zuständigkeit des Münchner Kreisverwaltungsreferats München für ausländerrechtliche Angelegenheiten zu eröffnen, um falsche Fiktionsbescheinigungen auszustellen, erläuterte die Staatsanwaltschaft.
Sogenannte Fiktionsbescheinigungen bestätigen Menschen ausländischer Herkunft ein vorläufiges Aufenthaltsrecht. Sie gelten für den Zeitraum, in dem die Ausländerbehörde einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis prüft.
Dem Relocation-Dienstleister werde Bestechung in mehreren Fällen zur Last gelegt, den beiden früheren Beschäftigten im Kreisverwaltungsreferat Bestechlichkeit. Durch die wiederholten Taten habe sich das Trio eine fortlaufende Einnahmequelle verschaffen wollen. Gegen weitere Beschuldigte werde noch ermittelt. Über die Eröffnung eines Hauptverfahrens wird die 6. Strafkammer des Landgerichts München I entscheiden.
Den Fall ins Rollen gebracht hatte das Kreisverwaltungsreferat selbst. Durch „regelmäßige Kontrollmechanismen“ seien „Ungereimtheiten bei der Bearbeitung von Fällen“ zwischen Mai 2022 und Januar 2024 aufgedeckt worden. Erste Verdachtsmomente habe es bereits im Herbst 2023 gegeben. Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten im März die Ausländerbehörde und die Privatwohnungen von mehreren Beschuldigten. Durch die Razzia war der Korruptionsverdacht öffentlich geworden.