Namibia: Erster nationaler Gedenktag zu Völkermord an Herero und Nama

Namibia: Erster nationaler Gedenktag zu Völkermord an Herero und Nama
Erstmals wird in Namibia mit einem nationalen Gedenktag der Opfer des von Deutschen während der Kolonialzeit verübten Völkermords gedacht. Doch das Gedenken ist umstritten.

Dakar, Windhuk (epd). Mit einem nationalen Gedenktag hat Namibia am Mittwoch an den von deutschen Kolonialstreitkräften begangenen Völkermord an den Herero und Nama erinnert. Es war das erste Mal, dass die namibische Regierung auf diese Weise offiziell der Opfer der Gräueltaten im damaligen Deutsch-Südwestafrika vor 120 Jahren gedachte. Namibia hatte den 28. Mai im vergangenen Jahr zum „Genocide Remembrance Day“ ausgerufen.

Auf dem Programm standen unter anderem eine Nachtwache bei Kerzenlicht, eine Rede der Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah und eine Schweigeminute in Gedenken an die Opfer. An der zentralen Veranstaltung in der Hauptstadt Windhuk sollte laut Auswärtigem Amt auch der deutsche Botschafter teilnehmen.

Die Gedenkveranstaltungen sind in Namibia jedoch nicht unumstritten. Wie die Zeitung „Windhoek Observer“ am Dienstag berichtete, stammten nur zwei der 13 Redner aus der Herero- und Nama-Gemeinschaft. Dadurch sei versäumt worden, wichtige Stimmen einzubeziehen, lautete die Kritik. Führende Vertreter der Volksgruppen hatten daher angekündigt, den Gedenktag zu boykottieren.

Laut der Zeitung „The Namibian“ gab es auch Streit um die Wahl des Datums des Gedenkens. Präsidentin Nandi-Ndaitwah rief demnach bei der Gedenkveranstaltung in Windhuk zur Einheit auf. Der Völkermord müsste für heutige und künftige Generationen in Erinnerung bleiben, unterstrich Nandi-Ndaitwah der Zeitung zufolge.

Zwischen 1904 und 1908 wurden in Namibia etwa 80 Prozent des Herero-Volkes und die Hälfte der Nama von deutschen Streitkräften ausgelöscht. Der Vernichtungskrieg, der gegen die Herero und Nama geführt wurde, gilt als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts. Die Wahl, den Gedenktag auf den 28. Mai zu legen, hängt mit einem Befehl der deutschen Kolonialbehörden zusammen, die an diesem Tag im Jahr 1908 die Schließung der Konzentrationslager im damaligen Deutsch-Südwestafrika angeordnet hatten.

Nach jahrelangen Verhandlungen zwischen der deutschen und namibischen Regierung erkannte Deutschland im Jahr 2021 die Gräueltaten als Völkermord an und sagte ein Programm zur Unterstützung der Nachfahren der Herero und Nama in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zu. Rechtliche Ansprüche auf Entschädigung sollten daraus aber nicht ableiten lassen. Auch dies war in Namibia umstritten. Verbände der Herero und Nama forderten unter anderem eine stärkere Beteiligung. Fast vier Jahre nach der ersten Einigung ist das Abkommen weiter nicht in Kraft.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte in Berlin dazu, es liefen „ergebnisorientierte“ und „konstruktive“ Gespräche mit der namibischen Regierung. Das Außenministerium hatte zur Einführung des nationalen Gedenktages mitgeteilt: „Die Verbrechen der deutschen Kolonialherrschaft sind das dunkelste Kapitel deutsch-namibischer Beziehungen.“ Die Anerkennung deutscher Schuld und die Bitte um Entschuldigung seien „wichtige Schritte, um gemeinsam die Verbrechen aufzuarbeiten und die Zukunft zu gestalten“.