Hannover (epd). Der Historiker Michael Wolffsohn hat scharfe Kritik daran geübt, den Krieg Israels gegen die palästinensische Hamas-Miliz im Gaza-Streifen als Völkermord zu bezeichnen und so mit dem Holocaust gleichzusetzen. Hier werde derselbe Begriff für völlig Unterschiedliches verwendet, sagte Wolffsohn am Donnerstag beim evangelischen Kirchentag in Hannover. „Das ist reine akademische Glasperlenspielerei, um die Legitimierung einer bestimmten Position zu erreichen“, fügte der in Tel Aviv geborene Historiker hinzu.
Beim Völkermord der Nazis an den Juden sei es darum gegangen, ein ganzes Volk auszulöschen. Bei aller Kritik, die man der israelischen Regierung entgegenhalten könne, sei dies aber nicht der Fall. Selbst der radikalste Minister spreche nicht von einer Auslöschung der Palästinenser. Zudem kämpfe die Hamas mit militärischen Mitteln: „Konnten das die Juden im Völkermord?“
Wolffsohn warb um Empathie für die jüdischen Menschen, die auch in Deutschland weiterhin bedroht seien, so dass ihre Synagogen von der Polizei geschützt werden müssten: „Sie können, müssen, sollen, dürfen uns Juden insgesamt und Israel kritisieren noch und nöcher“, sagte er: „Aber haben Sie doch bitte Verständnis dafür, dass wir dankbar sind, wenn jemand uns schützt.“
Die jüdische Verbandsvorsitzende Rebecca Seidler aus Hannover sagte, durch das Massaker der Hamas an Israelis am 7. Oktober 2023 habe sich auch das Leben der Juden in Deutschland massiv verändert: „Wir erleben eine regelrechte Ekstase des Hasses gegenüber jüdischen Gemeinden und Einzelpersonen, die nichts mit Israel-Kritik zu tun hat, überhaupt gar nichts.“