Erstes NSU-Dokumentationszentrum entsteht in Chemnitz

Erstes NSU-Dokumentationszentrum entsteht in Chemnitz
Die Bundesregierung will bis 2030 ein Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex errichten. Der Standort ist noch unklar. In Chemnitz geht zunächst ein sächsisches Pilotvorhaben an den Start.

Chemnitz (epd). Im sächsischen Chemnitz entsteht bis 2025 das bundesweit erste Dokumentationszentrum zur rechtsradikalen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Das Pilotvorhaben wurde am Dienstag in Chemnitz vorgestellt. Demnach soll auf mehr als 1.300 Quadratmetern ein Ort der Erinnerung entstehen, dessen Aufgaben Bildungs- und Forschungsarbeit sein werden.

Standort des bundesweit ersten Informations- und Dokumentationszentrums zum NSU ist die ehemalige Zentrale eines Energieversorgers. Die Eröffnung ist für 2025 vorgesehen, wenn Chemnitz Kulturhauptstadt Europas ist.

In Chemnitz und Zwickau lebte und agierte die Terrorgruppe jahrelang im Untergrund. Der NSU tötete zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen, neun von ihnen mit Migrationshintergrund. Im Jahr 2011 flog die Terrorzelle auf.

Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) betonte: „Wir tragen Verantwortung hinsichtlich der Aufarbeitung des NSU-Komplexes und der zukünftigen Verhinderung rassistisch motivierter Straftaten.“ In Sachsen seien die Morde des NSU zwar nicht verübt, jedoch operativ vorbereitet worden.

Geplant sind im neuen Zentrum die Präsentation der Wanderausstellung „Offener Prozess“ sowie Bildungs-, Begegnungs- und Beratungsangebote. Zudem soll ein Forschungsbereich entstehen. Der Betrieb ist laut Meier zunächst für 2025 gesichert. In diesem und im nächsten Jahr stellen Bund und Land dafür jeweils zwei Millionen Euro bereit.

Der Chemnitzer Projektleiter Khaldun Al Saadi sagte, das Projekt sei „all jenen gewidmet, die unter den Taten gelitten haben oder leiden“. Zudem plant die Bundesregierung bis 2030 ein Dokumentationszentrum und einen Erinnerungsort für die NSU-Opfer. Als Standorte sind Nürnberg, München, Köln und Berlin im Gespräch.

Einer Machbarkeitsstudie der Bundeszentrale für politische Bildung zufolge könnte das Dokumentationszentrum als ein dezentrales Verbundsystem realisiert werden, in dem das sächsische Vorhaben ebenso integriert werden kann wie weitere lokale und regionale Gedenkinitiativen. Der Präsident der Bundeszentrale, Thomas Krüger, betonte, das Chemnitzer Pilotvorhaben liefere wichtige Impulse für das Bundesvorhaben.

Die Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Juliane Seifert (SPD), erklärte, das bundesweite Zentrum solle kein Museum werden, sondern ein Ort der kritischen Auseinandersetzung und Aufarbeitung, „ein Ort der Zukunft“. Entstehen solle auch ein Archiv des Rechtsterrorismus und ein Ort politischer Bildung. Chemnitz solle dabei elementarer Bestandteil des bundesweiten Netzwerks zur NSU-Aufarbeitung werden.

Familien von Opfern des NSU hatten immer wieder ihre Perspektiven für den Aufarbeitungsprozess eingebracht. Gamze Kubasik, die Tochter des 2006 vom NSU erschossenen Dortmunders Mehmet Kubasik, betonte per Videobotschaft: „Es muss einen Raum geben, in dem das Recht auf Aufklärung und Wahrheit gegeben ist - etwas, was uns jahrelang verwehrt wurde.“ Der NSU müsse als Teil deutscher Geschichte verstanden werden.