Empörung über aserbaidschanische Kampagne gegen Buchpräsentation

Empörung über aserbaidschanische Kampagne gegen Buchpräsentation

Berlin, Bensheim (epd). Die Verfasser eines Buchs zum Kulturerbe von Bergkarabach protestieren dagegen, dass eine Buchpräsentation in Berlin nach massiven Einschüchterungsversuchen nicht wie geplant stattfinden konnte. Es sei inakzeptabel, wenn Vertreter Aserbaidschans derartigen Einfluss auf eine wissenschaftliche Veranstaltung nehmen können, sagte die Mitherausgeberin und Ostkirchen-Expertin Dagmar Heller am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung war wegen Sicherheitsbedenken ins Internet verlegt worden.

Ursprünglich wollten Heller, die Leiterin des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, und die Mitherausgeber ihr Buch „Das kulturelle Erbe von Arzach“ auch im Gebäude der DGAP vorstellen. Aserbaidschanische Diplomaten und staatsnahe aserbaidschanische Organisationen hatten eine Absage der Veranstaltung gefordert. Vertreter der aserbaidschanischen Diaspora hatten zudem eine Demonstration vor dem Sitz der DGAP angemeldet.

„Es gab eine Flut an E-Mails und Direktnachrichten an die Organisatoren und sogar an die ehemaligen Direktoren der DGAP“, sagte eine Sprecherin der Gesellschaft dem epd. Einige davon seien in ausfallendem Ton verfasst worden. Auch die DGAP kritisierte die „massiven Versuche der Einflussnahme durch die Botschaft und aserbaidschanische Interessengruppen“. Allerdings sei durch die Verlagerung ins Internet gewährleistet gewesen, dass die geplante Vorstellung und die Diskussion doch hätten stattfinden können.

Heller hält die Sorge der Armenier um das armenische Kulturerbe in Bergkarabach für berechtigt. In der einst ebenfalls von Armeniern bewohnten aserbaidschanischen Exklave Nachitschewan seien Zeugnisse der armenischen Kultur wie Kirchen und Friedhöfe systematisch vernichtet worden, was durch Auswertung von Satellitenbildern belegbar sei. Auch in Bergkarabach gebe es Zerstörungen, aber bislang noch keine geplante Beseitigung aller armenischen Spuren. Aserbaidschan bestreitet Übergriffe gegen christlich-armenische Kulturgüter und wirft stattdessen den Armeniern vor, sie hätten Zeugnisse der islamisch-aserbaidschanischen Kultur zerstört.

In dem jahrzehntelangen Konflikt zwischen den Kaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan hatte Aserbaidschan 2023 militärisch die vollständige Kontrolle über die von Armeniern besiedelte, aber völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende Region Bergkarabach zurückerlangt, die sich 1991 einseitig für unabhängig erklärt hatte. Die Zivilbevölkerung der Region ergriff daraufhin geschlossen die Flucht nach Armenien.