Halle-Attentäter erneut verurteilt

Halle-Attentäter erneut verurteilt
Stephan B. verbüßt bereits eine lebenslange Haftstrafe, nachdem er 2019 einen Anschlag auf ein jüdisches Gotteshaus in Halle verübt hatte. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch aus dem Gefängnis kommt jetzt eine weitere Verurteilung hinzu.

Magdeburg, Stendal (epd). Stephan B., der 2019 bei einem Anschlag auf die Synagoge in Halle zwei Menschen getötet hatte, ist erneut verurteilt worden. Nach einem Ausbruchsversuch aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg in Sachsen-Anhalt verhängte die Strafkammer 1 des Landgerichts Stendal am Dienstag gegen ihn eine weitere Haftstrafe von sieben Jahren wegen Geiselnahme. (AZ: 501 KLs - 113 Js 16/22 - 8/23)

B. hatte im Dezember 2022 bei dem letztlich gescheiterten Fluchtversuch zwei Beamte als Geiseln genommen und sie mit einem selbstgebauten Schussapparat bedroht. Die beiden Vollzugsbeamten erlitten zwar nur geringe körperliche Schäden, sind aber seit der Tat psychisch stark belastet und nicht mehr im aktiven Dienst. Laut Urteil muss B. den beiden 15.000 und 8.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Einer der beiden erhält zudem einen Verdienstausfall in Höhe von rund 2.300 Euro.

Am 12. Dezember 2022 hatte B. die beiden JVA-Mitarbeiter mit einem selbst gebastelten Schussapparat genötigt, ihm mehrere Türen für eine Flucht aus dem Gefängnis zu öffnen. Der Ausbruchsversuch scheiterte allerdings an der Kfz-Schleuse. Als ihm klar wurde, dass sich das Tor nicht öffnen würde, gab er auf. B. hatte zum Prozessauftakt am 25. Januar die Tat gestanden. Er habe die Schussvorrichtung aus alltäglichen Gegenständen wie Papier, einem Tacker und Batterien angefertigt.

Zur Urteilsbegründung sagte die Vorsitzende Richterin Simone Henze-von Staden, B. sei trotz einer festgestellten schweren psychischen Störung voll schuldfähig. Er habe mit großer krimineller Energie gehandelt und sich während des Prozesses weitgehend emotions- und empathielos verhalten. Lediglich an den Aufnahmen der Überwachungskameras, die seinen Fluchtversuch dokumentierten, habe er Interesse gezeigt.

Insgesamt blieb das Gericht mit seinem Strafmaß unter der Forderung der Generalstaatsanwaltschaft. Diese hatte neun Jahre Haft und eine anschließende Sicherungsverwahrung gefordert. Dazu sagte Richterin Henze-von Staden, bereits im ersten Prozess gegen B. wegen des Synagogen-Attentats sei die besondere Schwere der Schuld festgestellt worden. Damit sei dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit Genüge getan. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit komme eine erneute Verhängung der Sicherungsverwahrung nicht infrage. Bei der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung der Maßnahme würden ohnehin alle angeordneten Sicherungsverwahrungen gemeinschaftlich geprüft.

B. verbüßt nach einem antisemitisch motivierten Anschlag auf die Synagoge in Halle bereits eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. Eine erneute Verurteilung hat damit zunächst keine konkreten Folgen. Der Prozess fand aus Sicherheitsgründen am Landgericht Magdeburg statt.

Am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, hatte B. bei seinem Anschlag auf die Hallenser Synagoge eine 40-jährige Frau und einen 20 Jahre alten Mann getötet. Zwei weitere Menschen verletzte er schwer. Sein Versuch, in das jüdische Gotteshaus einzudringen, scheiterte an der massiven Tür. Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte ihn im Dezember 2020 wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in mehr als 55 Fällen.