Umweltschützer und Industrie offen für CO2-Speicherung unter der Erde

Umweltschützer und Industrie offen für CO2-Speicherung unter der Erde
Lange hatten sich Umweltschützer gegen Technologien zur unterirdischen Speicherung von CO2 gewehrt. Nabu und WWF zeigen sich nun offen für sogenannte CCS-Verfahren - gemeinsam mit der Industrie. Der BUND bleibt bei seiner Ablehnung.

Frankfurt a. M., Berlin (epd). Es ist eine ungewöhnliche Allianz für den Klimaschutz: Umweltverbände, Gewerkschaften und die Industrie plädieren für die umstrittene unterirdische Speicherung von Kohlendioxid-Emissionen. Entsprechende Technologien seien ein relevanter Baustein, um die Klimaziele zu erreichen, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Thesenpapier des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) sowie der Umweltschutzorganisationen Nabu und WWF. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte die Initiative.

In dem Papier, über das die „Süddeutsche Zeitung“ zuerst berichtet hatte, heißt es, die Technologien könnten „prioritär“ dort zum Einsatz kommen, wo CO2-Emissionen nach aktuellem technischem Stand nicht vermieden werden können. In der Vergangenheit hatten Umweltschützer sogenannte CCS-Verfahren abgelehnt, etwa weil Umweltschäden durch ausweichendes Gas befürchtet werden.

Mithilfe von „Carbon Capture and Storage“-Technologien, kurz CCS, soll Kohlendioxid aufgefangen, abgeschieden und unterirdisch gespeichert werden, bevor es in die Atmosphäre gelangt. In ihrem gemeinsamen Papier beziehen sich die Verbände auch auf CCU-Verfahren („Carbon Capture and Utilization“), bei denen das CO2 nicht unterirdisch abgespeichert, sondern für andere Produkte genutzt werden soll.

Bisher sind die Technologien in Deutschland nur zu Forschungszwecken erlaubt. Die Bundesregierung arbeitet derzeit an der sogenannten Carbon-Management-Strategie, die sich mit dem zukünftigen Umgang mit CCS und CCU befassen soll.

BDI, DGB, Nabu und WWF betonen, dass die Einsparung klimaschädlicher Emissionen an vorderster Stelle stehen müsse. „Wir stehen hinter dem Prinzip CO2-Vermeidung und Reduktion vor Abscheidung“, heißt es in dem gemeinsamen Papier. Dafür müssten etwa die erneuerbaren Energien ausgebaut oder natürliche CO2-Senken gestärkt werden. Die Strategie der Bundesregierung solle sicherstellen, dass solche Maßnahmen nicht ausgebremst würden. Bei einem möglichen Einsatz von CCS und CCU müssten zudem hohe ökologische und soziale Standards eingehalten werden.

Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt bezweifelte, dass dies gelingen könnte: „CCS ist vor allem eins: ein Kind der Öl- und Gasindustrie. Die Gefahr ist, dass jetzt über Jahrzehnte neue Abhängigkeiten von Erdöl und Gas geschaffen werden“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zudem berge die Technologie große Gefahren für Menschen und Natur und bürde die Folgen künftigen Generationen auf, wenn jetzt das Klimaabgas CO2 im industriellen Maßstab unter dem Meeresboden verpresst werden solle.

Der Fachbereichsleiter Klima- und Umweltpolitik beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Daniel Rieger, sagte der „Süddeutschen Zeitung“ hingegen, man müsse zur Begrenzung der Erderwärmung „alle Hebel in Bewegung setzen.“ Man habe „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine andere Option für die Dekarbonisierung einzelner Industrien“. Denn auch mit 100 Prozent erneuerbaren Energien blieben etwa in der Kalkindustrie oder der Landwirtschaft noch Emissionen übrig.

Ausgegangen war die Initiative für das Thesenpapier dem Medienbericht zufolge vom BDI. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer, Holger Lösch, sagte auf Nachfrage, die Carbon-Management-Strategie aus dem Bundeswirtschaftsministerium müsse nun zügig veröffentlicht werden: „Ohne sie gibt es keine Klarheit über die Rolle von CCS und CCU.“ Wenn es nicht bald Anreize gebe, die Technologien anzuwenden, würden sie in Deutschland nicht rechtzeitig eingesetzt werden können, um die Klimaziele zu erreichen.

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, die Strategie werde „die Anwendung von CCS und CCU ermöglichen“. Die Bundesregierung wollte die Strategie eigentlich schon 2023 vorlegen. Einen neuen Zeitpunkt nannte die Sprecherin nicht. Es werde aber mit Hochdruck daran gearbeitet.