Faeser fordert bei Islamkonferenz Bekenntnis gegen Antisemitismus

Faeser fordert bei Islamkonferenz Bekenntnis gegen Antisemitismus
Man müsse anerkennen, dass es ein Problem mit Antisemitismus unter Muslimen gebe, sagte Innenministerin Faeser bei der Islamkonferenz. Wo es eigentlich um Islamfeindlichkeit gehen sollte, redete sie den Islamverbänden deutlich ins Gewissen.

Berlin (epd). Nach den Auseinandersetzungen über den Nahost-Konflikt auch auf deutschen Straßen ist das Thema Antisemitismus in den Mittelpunkt des diesjährigen Treffens der Deutschen Islamkonferenz gerückt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte dort am Dienstag von muslimischen Verbänden ein deutlicheres Bekenntnis gegen Judenhass. Sie appelliere gerade an die großen Islamverbände, den Kampf gegen Antisemitismus noch sichtbarer voranzutreiben, sagte Faeser am Dienstag in Berlin. Es reiche nicht, eine Synagoge zu besuchen und sich dort gegen Terror und Antisemitismus zu stellen, ohne dies auch in Moscheen oder den eigenen Social-Media-Kanälen zu kommunizieren, sagte sie.

Die Innenministerin unterstrich, dass sich Antisemitismus in vielen Formen in Deutschland zeige. Man müsse dabei anerkennen, „dass wir ein Problem mit Antisemitismus haben, der auch von Muslimen ausgeht“, sagte sie. Auch Altbundespräsident Christian Wulff appellierte an die Islamverbände, sich deutlicher gegen Judenhass zu positionieren. Freitagsgebete der vergangenen Wochen, in denen die Terrortaten der Hamas gegen Israel begrüßt wurden, hätten ihn betroffen gemacht, sagte Wulff.

Zugleich wandte sich Faeser gegen einen Generalverdacht gegen Muslime. Der Staat handele nicht gegen eine Religion, sondern gegen islamistischen Terrorismus. Zudem gebe es Muslime und Moscheegemeinden, die sich gegen Antisemitismus engagierten. Deren Stimme müsse lauter werden, sagte Faeser, die zum diesjährigen Treffen auch kleinere und liberale Islam-Vereine eingeladen hatte, während der Zentralrat der Muslime in diesem Jahr nicht auf der Teilnehmerliste stand.

Schwerpunkt der Islamkonferenz sollte in diesem Jahr das Thema Muslimfeindlichkeit werden, nachdem der von der Bundesregierung eingesetzte unabhängige Expertenkreis im Sommer seinen ausführlichen Bericht vorgelegt hatte. Der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und darauf folgende antisemitische Reaktionen bei Demonstrationen in Deutschland führten dazu, dass das Innenministerium die Agenda änderte. Antisemitismus wurde als Thema ergänzt, am Ende zum eigentlichen Schwerpunkt der Tagung. Auf den Podien am Dienstag redeten Regierungsvertreterinnen, Wissenschaft, Kommunen und Sicherheitsbehörden miteinander, kein Vertreter der muslimischen Community.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte dem epd, die Islamkonferenz habe zurecht Antisemitismus als drängendes Problem identifiziert. „Zugleich dürfen wir Muslimfeindlichkeit nicht aus den Augen verlieren“, sagte sie. Beide Phänomenbereiche seien in der Gesellschaft verankert.

Die Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD) warnte davor, antimuslimischen Rassismus zu unterschätzen oder gar beide Gruppen gegeneinander auszuspielen. „Wir dürfen diese Spaltung nicht zulassen“, sagte sie.

Die Deutsche Islamkonferenz wurde 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Forum für den Dialog zwischen Staat und Muslimen ins Leben gerufen. Ergebnisse des Dialogs waren unter anderem die Etablierung von Religionsunterricht und Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie an deutschen Universitäten. Zuletzt wurde vor allem über die Ausbildung von Imamen in Deutschland verhandelt. Bei der Fachtagung am Dienstag spielte das Thema aber keine Rolle.