Länder streiten vor Treffen mit Scholz über Flüchtlingspolitik

Länder streiten vor Treffen mit Scholz über Flüchtlingspolitik
Bund und Länder ringen um eine Einigung in der Flüchtlingspolitik. Im Mittelpunkt steht die Aufteilung der Kosten. Vor den Verhandlungen darüber mit Kanzler Scholz stritten die Länder untereinander über Maßnahmen zur Reduzierung der Migration.

Berlin (epd). Vor den Beratungen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist unter den Bundesländern ein Streit über die Maßnahmen zur Begrenzung der Fluchtzuwanderung entbrannt. Bei den Beratungen der Regierungschefinnen und -chefs seien die SPD-geführten Bundesländer und Thüringen von umfassenden Änderungen gegenüber dem jüngsten Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz überrascht worden, die die damaligen Ergebnisse teilweise infrage stellten und darüber hinausgingen, sagte der Sprecher der SPD-Länder, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil, am Montag in Berlin. Zu den strittigen Punkten gehörte seinen Angaben zufolge unter anderem die Forderung der Union nach Asylverfahren in Drittstaaten.

Die SPD könne sich Asylverfahren in Transitstaaten vorstellen, nicht aber in jedem Drittstaat wie Ruanda, sagte er mit Verweis auf die gerichtlich kassierte Regelung in Großbritannien, das Asylbewerber dorthin schicken wollte. Die Runde der Länderchefs sei „nicht erquicklich“ gewesen, sagte Weil.

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der hessische Regierungschef Boris Rhein (CDU), wollte den Eindruck des Streits vermeiden. Die Runde sei nicht zerstritten, sagte er. Unterm Strich stehe ein von allen Bundesländern getragenes Papier. Dies ist Weil zufolge weitgehend deckungsgleich mit dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz Mitte Oktober in Frankfurt am Main.

Es seien aber auch neue Forderungen dazu gekommen, sagte Rhein. Er nannte dabei die Forderung nach einer Begrenzung des Familiennachzugs, einer Bezahlkarte für Flüchtlinge, der Wiederbelebung des EU-Türkei-Abkommens, effektiveren Binnengrenzkontrollen und weiteren Änderungen im Asylrecht, ohne dabei Details zu nennen.

Die Regierungschefinnen und -chefs wollten eigentlich bereits am Nachmittag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Beratungen zusammentreffen. Durch den Streit in der vorgelagerten Länderrunde verzögerte sich das Treffen, bei dem die Aufteilung der Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zwischen Bund, Ländern und Kommunen im Mittelpunkt stehen soll.

In diesem Punkt seien sich alle Länder einig, dass sie mehr vom Bund erwarten, versicherten Weil und Rhein. Der Bund hat die Länder in diesem Jahr mit 3,75 Milliarden Euro für Flüchtlinge unterstützt. Für das nächste Jahr hat er bislang 1,25 Milliarden Euro zugesagt.

Das ist den Ländern deutlich zu wenig. Mit Blick auf die gestiegene Zahl von Asylantragstellern in diesem Jahr fordern sie, dass der Bund mehr gibt als in diesem Jahr sowie die Zusage, dass bei einer steigenden Zahl von Schutzsuchenden auch mehr Geld vom Bund kommt.

Die Fronten zwischen Bund und Ländern sind in dieser Frage seit Langem verhärtet. Die Verhandlungen reichen bis ins vergangene Jahr zurück. Im Mai setzten beide Seiten eine Arbeitsgruppe ein mit dem Ziel, bei der nun zusammengekommenen November-Runde zu einer Entscheidung zu kommen.

In Deutschland wurden bis Ende September laut Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge seit Jahresanfang bereits knapp 234.000 Erstanträge auf Asyl gestellt. Die Zahl liegt damit über der des Gesamtjahres 2022. Die Länder rechnen mit rund 300.000 Asylanträgen in diesem Jahr. Hinzu kamen seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 mehr als eine Million Flüchtlinge aus diesem Land.