Friedensnobelpreisträgerin: Frieden mit Putin bedeutet Kapitulation

Friedensnobelpreisträgerin: Frieden mit Putin bedeutet Kapitulation

Münster (epd). Die russische Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa sieht keine Chance für Friedensverhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über ein Ende des Krieges in der Ukraine. Das Vorgehen des Kremlherrschers lasse keinen Zweifel an der Durchsetzung seines Vorsatzes „Ich will die ukrainische Seite“, sagte Scherbakowa am Mittwochabend im Münsteraner Dom. Wer territoriale Zugeständnisse der Ukraine fordere, müsse sich darüber im Klaren sein, dass diese Forderung den Verlust von Menschen bedeute. Das hätten die bisherigen Erfahrungen in vormals von den Russen besetzten Gebieten gezeigt. Was Putin unter Frieden verstehe, zeige sich in Tschetschenien und in Syrien.

Das gewaltsame russische Vordringen und die Propaganda bedrohten auch die Demokratien in Europa und USA, wie sich aktuell zeige, warnte das Gründungsmitglied der 1989 gegründeten Menschenrechtsorganisation Memorial. Die Forderung, Frieden mit Putin zu schließen, bedeute eine Kapitulation vor dem russischen Machthaber, sagte sie zum Abschluss der Reihe „Domgedanken“ unter dem Titel „Krieg! Und Frieden?“.

Scherbakowa, die als Gründungsmitglied der 1989 gegründeten Menschenrechtsorganisation Memorial 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, verwies darauf, dass in Russland selbst das Zeigen einer Friedenstaube verboten sei. Zudem habe eine Aufarbeitung der Geschichte Russlands in der Zeit des Stalinismus mit Millionen Opfern nicht stattgefunden. Das heutige Russland sei geprägt vom Hass gegen alles Fremde, sagte die Germanistin, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Deutschland übersiedelte.

Der orthodoxen Kirche hielt die Rednerin vor, das Regime und den Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen. Kritische Priester seien mundtot gemacht oder kaltgestellt worden. Es gebe allerdings auch eine kollektive Verantwortung, erklärte Scherbakowa. Von dieser Verantwortung könne sich keine Russin und kein Russe freisprechen.