Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, die Strafverfolgung von Schwulen in der frühen Bundesrepublik wiedergutzumachen. Das Anliegen wird zunächst in den Ausschüssen behandelt, bevor es der Länderkammer zur Abstimmung vorgelegt wird. Der Lesben- und Schwulenverband begrüßte die Initiative.
Berlins Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) bezeichnete die Verurteilung Homosexueller in der frühen Bundesrepublik und der ehemaligen DDR als "dunkles Kapitel deutscher Geschichte", das bisher kaum erforscht und thematisiert worden sei. Sie schlug auch die Einrichtung eines Rundes Tisches vor, der Anlaufstelle für Betroffene sein und Aufklärung betreiben soll.
Der Strafrechts-Paragraf 175 zur Verfolgung homosexueller Handlungen geht auf das Kaiserreich zurück. Die Nationalsozialisten verschärften den auch in der Weimarer Republik fortgeltenden Paragrafen erheblich. Homosexuelle wurden auch in Konzentrationslager gebracht, von ihnen überlebten viele die NS-Zeit nicht.
In der Bundesrepublik galt das Gesetz aus der NS-Zeit bis 1969. Bis 1994 mussten sich schwule Männer aber weiter an Schutzaltersgrenzen für gleichgeschlechtliche Sexualität halten. In der DDR führte das Strafrecht den Paragrafen 175 in der Fassung der Weimarer Republik bis 1968 auf. Schutzaltersgrenzen bestanden auch dort weiterhin fort.
2002 entschied der Bundestag, die unter den Nationalsozialisten gefällten Urteile gegen Homosexuelle pauschal aufzuheben. Seit 2004 stehen den Betroffenen auch Entschädigungen zu. Kolat erklärte, es sei ein Widerspruch, dass die in der NS-Zeit Verurteilen rehabilitiert worden seien, nicht aber die später nach dem gleichen Paragrafen strafrechtlich Verfolgten.
In der Bundesrepublik wurden den Angaben zufolge in den 50er und 60er Jahren 50.000 Männer wegen ihrer Homosexualität verurteilt. Aus der ehemaligen DDR liegen keine verlässlichen Zahlen vor. Laut einer vom Senat herausgegebenen Untersuchung sind knapp 1.300 Fälle für die Jahre 1946 bis 1959 nachgewiesen. Die Betroffenen seien durch die Verurteilung auch gesellschaftlich ausgegrenzt und ins soziale Abseits gedrängt worden, heißt es in dem Antrag Berlins.