Hilfsorganisationen zu Ukraine: Werden "langen Atem brauchen"

Hilfsorganisationen zu Ukraine: Werden "langen Atem brauchen"
Ein Jahr nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine stellen Hilfsorganisationen sich auf längerfristige Einsätze dort ein. Vor allem psychologische Betreuung und Wiederaufbauprojekte seien wichtig.

Bonn (epd). Hilfsorganisationen rechnen damit, dass die Menschen in der Ukraine wegen des russischen Angriffskriegs noch länger auf Hilfe angewiesen sein werden. „Ich befürchte, wir werden einen langen Atem brauchen“, erklärte die Vorständin des Bündnisses „Aktion Deutschland Hilft“, Manuela Roßbach, am Dienstag in Bonn. Die Organisation Care rechnet damit, dass rund ein Drittel der Menschen in der Ukraine in den kommenden Jahren wegen des Kriegs psychologische Betreuung braucht. Die Malteser planen, die psychosoziale Unterstützung vor Ort auszubauen. Der Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine jährt sich am Freitag zum ersten Mal.

Roßbach erklärte, durch die Dynamik des Kriegs sei die Dauer der humanitären Notlage immer noch schwer prognostizierbar. „Ein großes Augenmerk gilt nach wie vor der Nothilfe in den vom Krieg schwer getroffenen Gebieten.“ Auch mittelfristige Hilfsmaßnahmen wie Notunterkünfte, psychosoziale Hilfen sowie die Finanzierung von Projekten des Wiederaufbaus seien wichtig und machten ein langfristiges Engagement vor Ort nötig. In dem Bündnis sind mehr als 20 deutsche Hilfsorganisationen zusammengeschlossen.

Um mit den Folgen des russischen Angriffskriegs fertig zu werden, benötigen laut Care rund 15 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer psychologische Hilfe. Die Organisation verwies dabei auf Erkenntnisse des ukrainischen Gesundheitsministeriums. Die Menschen in der Ukraine stünden unter „enormem Stress“, sagte die Psychologin Inna Kanivets, die in Cherkasy mit Care arbeitet. „Fehlende Rückzugsräume, die ständige Anspannung, Sorgen um sich selbst, Familie, Väter, Brüder oder Angehörige an der Front verursachen große Angst.“

Laut der ukrainischen Organisation Ucare war bisher mindestens rund ein Drittel aller Ukrainer mit einer lebensbedrohlichen Situation konfrontiert. Insgesamt mehr als 70 Prozent der Ukrainer fühlten sich hilflos. Auch in Deutschland bestehe enormer Bedarf an psychologischer Unterstützung für Flüchtlinge aus der Ukraine, erklärte Care.

Die Malteser kündigten an, Programme zur psychosozialen Unterstützung besonders für Kinder auszuweiten. Der Krieg verändere die Psyche der Kinder, sagte der Leiter der ukrainischen Malteser, Pavlo Titko. „Sie können nicht mehr kindgerecht und frei denken.“ Sozialarbeiter und Psychologen unterstützten sie altersgerecht, mit schwierigen Erlebnissen umzugehen.