Erdbeben: Hilfe in Nordsyrien steht vor vielen Herausforderungen

Erdbeben: Hilfe in Nordsyrien steht vor vielen Herausforderungen
Immer noch werden Tote aus den Trümmern in den Erdbebengebieten in der Türkei und Syrien geborgen. Die Türkei wird bei den Bergungsarbeiten aus Deutschland vom Technischen Hilfswerk unterstützt. In Nordsyrien fehlt laut Helfern schweres Gerät.

Frankfurt a.M. (epd). Nach den verheerenden Erdbeben in der Grenzregion Syriens und der Türkei sind die internationalen Hilfsoperationen angelaufen. Aus Deutschland brach am Dienstag ein Such- und Rettungsteam des Technischen Hilfswerks (THW) mit 50 Einsatzkräften in die türkische Stadt Adana auf, wie das Bundesinnenministerium mitteilte. Derweil stieg die Zahl der Toten weiter. Allein in der Türkei kamen nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu vom Dienstagnachmittag mehr als 3.540 Menschen ums Leben. In Nordsyrien ist die Lage laut Helfern ebenfalls verheerend. Dort fehle schweres Gerät, um die Menschen zu retten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, sie sei tief erschüttert über die Erdbeben. „Furchtbar viele Menschen sind umgekommen oder ringen noch um ihr Leben.“ Die Einsatzkräfte würden dabei helfen, „Menschen aus den Trümmern zu bergen und hoffentlich Überlebende zu retten“. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums umfasst die Ausrüstung des THW-Hilfsteams unter anderem Ortungsgeräte sowie medizinische Ausstattung zur Erstversorgung.

Aus dem vom Bürgerkrieg beherrschten Norden Syriens wurden laut Anadolu mehr als 1.600 Tote gemeldet. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte einen „humanitären Zugang für Syrien“. Mit Blick auf den syrischen Machthaber Baschar al-Assad sagte sie, die Erdbebenopfer in Syrien könnten „unter dem Assad-Regime auf keine Hilfe hoffen“.

Der Nothilfekoordinator der Hilfsorganisation Care, Marten Mylius, sagte derweil dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Hilfsoperationen in Nordsyrien stünden durch den Bürgerkrieg und die politische Fragmentierung vor Herausforderungen. Allerdings hätten viele Hilfsorganisationen in den vergangenen Jahren eine logistische Infrastruktur und Partnerschaften aufgebaut, „die genau diesen Realitäten entsprechen“. Darauf könne nun bei der Hilfe in den Erdbebengebieten zurückgegriffen werden.

Mylius sprach von einer verheerenden Lage in der vom Bürgerkrieg beherrschten Region. Viele Gebäude seien „wie Kartenhäuser in sich zusammengestürzt“. Mit am meisten fehle in Nordsyrien derzeit schweres Gerät, um Menschen zu befreien und Trümmer wegzuräumen. Anders als in die Türkei entsendet das Technische Hilfswerk keine Einsatzteams nach Syrien.

Auch die Vereinten Nationen setzten ihr Hilfe für die Erdbebengebiete fort. Erste Mitglieder eines Teams zur Koordinierung der Hilfe seien am Dienstag im türkischen Adana angekommen, sagte der Sprecher des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha), Jens Laerke, in Genf.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schickt ebenfalls Hilfe. Der erste Flug mit medizinischen Hilfsgütern werden am Mittwochnachmittag in Adana ankommen, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus zum Abschluss der Sitzung des Exekutivrats der Weltgesundheitsorganisation. Zwei weitere Flüge in Richtung der syrischen Stadt Damaskus seien vorbereitet und warteten auf grünes Licht durch die Behörden.

Insgesamt sind laut der hochrangigen Zuständigen für Notfall bei der WHO, Adelheid Marschang, 23 Millionen Menschen von den Erdbeben betroffen. Sie warnte, dass der Zugang nach Nordwestsyrien wegen beschädigter Straßen unterbrochen sei. In dem Gebiet waren laut den UN bereits vor den Erdbeben mehr als vier Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen.

Menschenrechtler kritisierten am Dienstag auch, dass die türkische Armee trotz der Katastrophe kurdisch kontrollierte Gebiete in Nordsyrien bombardiert habe. In der Nacht zu Dienstag habe die Türkei das vom Beben betroffene Umland von Tal Rifaat angegriffen, sagte der Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido.