Lob und Kritik für Naturschutzabkommen von Montreal

Lob und Kritik für Naturschutzabkommen von Montreal
Mehr Schutzgebiete, Mitsprache für indigene Völker und weniger Pestizide: Nach fast zweiwöchigen Verhandlungen hat sich die Staatengemeinschaft in Montreal auf ein bahnbrechendes Naturschutzabkommen geeinigt. Dafür gab es Lob, aber auch Kritik.

Frankfurt a.M., Montreal (epd). Die Staatengemeinschaft hat sich in Montreal auf ein entschlosseneres Vorgehen gegen den weltweiten Verlust der Artenvielfalt geeinigt. Dafür sollen 30 Prozent der Land- und Meeresfläche bis 2030 unter Schutz gestellt werden, wie es in der Abschlusserklärung des am Montag zu Ende gegangenen UN-Biodiversitätsgipfels heißt. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bezeichnete die Einigung als „Schutzschirm für unsere Lebensgrundlagen“. Lob kam auch von UN-Generalsekretär António Guterres. Umweltschützer hingegen vermissen klare Vorgaben für die Wirtschaft.

Vertreter aus knapp 200 Staaten hatten sich nach knapp zwei Wochen Verhandlung auf ein bahnbrechendes Abkommen zum Schutz der Biodiversität geeinigt. Insgesamt 23 Vorhaben, die bis 2030 erreicht werden sollen, wurden verabschiedet. Neben dem sogenannten 30-Prozent-Ziel soll etwa die Gefährdung von Menschen und Umwelt durch Pestizide bis 2030 halbiert werden. Zudem sieht das Abkommen vor, etwa ein Drittel der beschädigten Ökosysteme an Land und im Meer wiederherzustellen.

Lemke, die für die Bundesregierung an den Verhandlungen teilnahm, sagte, die Staatengemeinschaft habe sich dafür entschieden, das Artensterben endlich zu stoppen. UN-Generalsekretär Guterres sprach von einem wegweisenden Abkommen. Die Menschheit schmiede einen Friedenspakt mit der Natur, sagte er in New York. Die Staaten müssten das Abkommen nun entschlossen umsetzen.

Um die Vorhaben umzusetzen, sollen bis 2030 mindestens 200 Milliarden US-Dollar jährlich fließen. Dafür wollen die Staaten sowohl öffentliches als auch privates Geld mobilisieren. Wirtschaftlich ärmere Länder sollen unterstützt werden, bis 2030 sollen sie pro Jahr 30 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern bekommen.

Ein Konfliktpunkt bei der Konferenz war der Schutz indigener Völker, die in potenziellen Naturschutzgebieten leben. Menschenrechtsorganisationen hatten vor der Konferenz angemahnt, dass die Ausweisung von Schutzgebieten nicht zu Lasten der dort lebenden Bevölkerung gehen dürfe. In der Abschlusserklärung heißt es nun, dass die Rechte Indigener respektiert und anerkannt würden. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, es sei ein wichtiges Ergebnis von Montreal, „dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften als wichtiger Teil der Lösung ausdrücklich gestärkt werden“.

Auch der Direktor der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF), Christof Schenck, sieht in dem Abkommen bedeutende Fortschritte. „Vor der Konferenz hat es schlechter ausgesehen als nach der Konferenz“, sagte der Träger des Deutschen Umweltpreises dem Evangelischen Pressedienst (epd). Fraglich sei aber zum Beispiel, wie die global vereinbarten Ziele auf nationaler Ebene umgesetzt und überwacht würden.

Umweltschützer zogen eine gemischte Bilanz. Trotz inhaltlicher Fortschritte werde die Einigung nicht ausreichen, um den Verlust der Artenvielfalt und Ökosysteme zu stoppen oder umzukehren, erklärte der Naturschutzbund (Nabu). Präsident Jörg-Andreas Krüger kritisierte, dass es keine messbaren Ziele gebe, die den Biodiversitätsverlust durch die Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, den Handel sowie den Finanzsektor aufhalten könnten.

Die Staatengemeinschaft hatte seit dem 7. Dezember in Montreal über das Abkommen verhandelt, mit dem der Erhalt der biologischen Vielfalt gefördert werden soll. Ursprünglich sollte das wichtigste internationale Verhandlungsformat für den Artenschutz schon im Oktober 2020 in der chinesischen Stadt Kunming ausgerichtet werden. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Konferenz aber zunächst verschoben, dann in erster Runde online veranstaltet und schließlich wegen der strengen pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen in China nach Kanada verlegt.