Garnisonkirche: Kritiker fordern stärkere Abgrenzung nach rechts

Garnisonkirche: Kritiker fordern stärkere Abgrenzung nach rechts
Kritiker warnen immer wieder, der neue Garnisonkirchturm in Potsdam könne zum Symbolort der rechtsextremen Szene werden. In einem Appell rufen sie nun zur Änderung der Stiftungssatzung auf. Die Stiftung hingegen bekräftigt ihr Bildungskonzept.

Potsdam (epd). Kritiker des Wiederaufbaus des Potsdamer Garnisonkirchturms haben erneut eine stärkere Distanzierung der Trägerstiftung von rechtsextremen und antidemokratischen Traditionen gefordert. Beim Bau des Turms werde weiter auf einen klaren architektonischen Bruch mit der historischen Garnisonkirche verzichtet, sagte der Architekturexperte Philipp Oswalt von der Kritiker-Initiative „Lernort Garnisonkirche“ am Donnerstag in Potsdam. Dies mache das Bauwerk anfällig für eine Nutzung als Kulisse in rechtsextremen Kreisen. Die Stiftung wies die Vorwürfe zurück.

Der im Bau befindliche Turm zeige „in der inhaltlichen Arbeit der Stiftung schon jetzt sein Profil als Demokratieforum“, erklärte die Stiftung. Bei Ausstellungskonzeption und inhaltlicher Arbeit werde die Stiftung „kritisch und konstruktiv“ von ihrem wissenschaftlichen Beirat beraten, um Geschichte vor Ort zu vermitteln. Die Garnisonkirchenstiftung habe sich zudem bereits mehrfach deutlich und öffentlich von rechtsextremen Strömungen distanziert.

Die Initiatoren des Wiederaufbaus um den früheren Bundeswehroffizier Max Klaar, die zum Teil dem Umfeld des Rechtsextremismus zugerechnet werden, haben das Projekt bereits vor längerer Zeit im Streit mit der evangelischen Kirche verlassen. Die von ihnen gesammelten Spendengelder wurden für andere Zwecke eingesetzt.

Die mehrsprachige Friedensbotschaft „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ im neuen Turmsockel sowie die aktuelle Bildungsarbeit zeigten die tatsächliche Ausrichtung des Wiederaufbaus, betonte die Stiftung. Ziel sei, einen Ort des Friedens zu schaffen, an dem aus der Geschichte für die Zukunft gelernt werde, betonte die Stiftung: „Wie es im 'Ruf aus Potsdam' formuliert ist: Wer Zukunft gestalten will, muss die Geschichte kennen.“ Dafür werde die Stiftung weiter eng mit ihrem wissenschaftlichen Beirat zusammenarbeiten.

Neue Recherchen zeigten unter anderem, dass das heutige Bauprojekt von Rechtsradikalen nicht nur befürwortet, sondern von einzelnen Rechtsextremen auch als ikonischer Symbolort genutzt werde, betonte hingegen Oswalt. Dazu gehöre der Blogger Billy Six, der Anfang des Jahres unter dem Hashtag #MeinTagVonPotsdam zu einer Demonstration am historischen Standort der Kirche aufgerufen hat. Am historischen „Tag von Potsdam“ 1933 nutzten die Nazis die Kirche. Die Stiftung gehe zu unbekümmert mit dieser Problematik um, sagte Oswalt. Die Stiftung sollte deshalb den Turm nicht komplett wiedererrichten.

Oswalt, der Sozialwissenschaftler Micha Brumlik und weitere Wissenschaftler forderten zugleich in einem Appell eine Änderung der Satzung der Stiftung. Bezüge zum „Ruf aus Potsdam“ von 2004 müssten gestrichen werden, sagte Brumlik. Der Aufruf, der damals zur Spendenwerbung veröffentlicht wurde, sei „geprägt von Argumenten der Neuen Rechten“ und zeichne ein „verfälschtes Bild der Kirchengeschichte“.

Anders als im „Ruf aus Dresden“ zum Wiederaufbau der Frauenkirche fehle dort ein klares Eingeständnis der deutschen Schuld am Zweiten Weltkrieg, sagte Brumlik. Es sei „dringendst notwendig“, dass sich der wissenschaftliche Beirat der Garnisonkirchenstiftung damit befasst.

Die Potsdamer Garnisonkirche wurde im 18. Jahrhundert errichtet. Im April 1945 brannte sie bei einem Luftangriff aus, die Ruine wurde 1968 abgerissen, der Turm gesprengt. Der seit 2017 laufende Wiederaufbau ist unter anderem wegen der Geschichte der preußischen Militärkirche in der NS-Zeit umstritten. Die evangelische Kirche will den neuen Turm für Friedens- und Versöhnungsarbeit nutzen.