Kindermediziner warnen vor Engpässen bei der klinischen Versorgung

Kindermediziner warnen vor Engpässen bei der klinischen Versorgung

Berlin (epd). Kindermediziner in Deutschland warnen vor massiven Engpässen bei der klinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. „Die Lage der Kinderkliniken ist dramatisch und wird sich eher noch verschärfen“, sagte der Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Florian Hoffmann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). In vielen deutschen Kinderkliniken könnten wegen Personalmangels auf den Kinderintensivstationen im Schnitt ein Drittel der Betten nicht genutzt werden. „In manchen Kliniken ist sogar die Hälfte nicht mehr belegbar“, betonte Hoffmann.

Der Münchner Kinder-Intensivmediziner sieht vor allem den kommenden Herbst kritisch: „Wenn es Infektionswellen gibt, wie sie im Herbst in der Regel vorkommen, haben wir keine Chance, alle Kinder zu versorgen“, sagte er. In solchen Fällen sei es nötig, stundenlang zu telefonieren, um irgendwo in Deutschland freie Betten zu finden. Das bedeute, dass die Kinder nicht mehr in einer Klinik mit medizinischer Maximalversorgung behandelt würden, sondern unter Umständen in einem Krankenhaus, das viel weniger Erfahrung habe. Kinder könnten auf diese Weise zu Schaden kommen.

Dass Kinder zum Teil bis zu 100 Kilometer von zu Hause entfernt behandelt werden müssten, bestätigte auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Jörg Dötsch. Auch zu normalen Zeiten sei es üblich, sechs oder sieben Kliniken durchzutelefonieren, um ein passendes Bett zu finden, sagte er den Funke-Zeitungen. Im vergangenen Herbst seien nahezu alle Kinderkliniken komplett überlastet gewesen. „Das kann im kommenden Herbst wieder drohen, wenn sich die Lage bis dahin nicht ändert“, betonte er.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte vor Kurzem eine Reform der Finanzierung der Kinderheilkunde in Aussicht gestellt. Divi-Generalsekretär Hoffmann erwartet gleichwohl keine schnelle Verbesserung: „Selbst wenn die Politik jetzt gegensteuert, werden Veränderungen frühestens in einigen Jahren greifen“, sagte er den Funke-Zeitungen. Der Trend werde erst einmal weiter bergab gehen.