Bundesarbeitsgericht verlangt konkrete Belege für Überstunden

Bundesarbeitsgericht verlangt konkrete Belege für Überstunden

Erfurt (epd). Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können ohne konkreten Beweis für geleistete Überstunden keine Entlohnung verlangen. Für eine Überstundenvergütung muss der Arbeitgeber die Extra-Arbeit nicht nur angeordnet oder zumindest nachträglich gebilligt haben, der Beschäftigte müsse auch die Arbeit und deren Umfang näher beschreiben, urteilte am Mittwoch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Allein ein Arbeitszeiterfassungssystem, welches Pausen nicht berücksichtigt, reiche als Nachweis für geleistete Überstunden nicht aus. (AZ: 5 AZR 359/21)

Damit kann ein früherer Auslieferungsfahrer eines Einzelhändlers aus dem Raum Emden nach seiner Eigenkündigung keine Nachzahlung von 5.222 Euro für 350,75 angeblich aufgelaufene Überstunden verlangen. Am Standort des Unternehmens wurde die Arbeitszeit der Beschäftigten und auch der nicht vergütungspflichtigen Pausen mit einer Stechuhr erfasst.

Der Auslieferungsfahrer erfasste seine Arbeitszeit zu Beginn und Ende seiner Tätigkeit. Während seiner Fahrten konnte er Pausen nicht vermerken lassen. Diese seien aber sowieso nicht angefallen, da er durchgearbeitet habe, argumentierte er. Andernfalls hätte er die Auslieferungsaufträge nicht abarbeiten können. Der Arbeitgeber sei zudem nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2019 dazu verpflichtet, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen (AZ: C-55/18). Komme der Arbeitgeber dem nicht nach, dürfe dies nicht zu seinen Lasten gehen.

Doch sowohl das Landesarbeitsgericht Hannover als auch das Bundesarbeitsgericht wiesen den Kläger ab. Arbeitgeber müssten nur von ihnen veranlasste Überstunden bezahlen. Der Arbeitnehmer sei daher verpflichtet, nicht nur die geleistete Mehrarbeit zu beweisen, er müsse auch belegen, dass der Arbeitgeber diese angeordnet oder zumindest gebilligt hat, urteilte das oberste deutsche Arbeitsgericht. Im konkreten Fall habe der Arbeitgeber dies aber bestritten.

Zwar habe der Europäische Gerichtshof aus Arbeitsschutzgründen die Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems verlangt. Das bedeute aber nicht, dass die erfasste Arbeitszeit auch automatisch zu vergüten ist. Denn im Streitfall sei die Erfassung der Pausenzeiten nicht möglich gewesen.

Allein die pauschale Behauptung des Klägers, keine Pausen gemacht zu haben, reiche als Grund für die Überstundenvergütung nicht aus. Der Kläger habe damit „nicht hinreichend konkret dargelegt“, Überstunden geleistet zu haben, urteilten die obersten Arbeitsrichter.