Kritik am Vorgehen der Polizei gegen Medizinstudenten

Kritik am Vorgehen der Polizei gegen Medizinstudenten
Bei Protesten von Corona-Leugnern in Dresden haben Medizinstudenten ein Zeichen der Zivilcourage gesetzt. Jetzt drohen ihnen Bußgeldverfahren. Die Polizei stellte zuvor ihre Identitäten fest.

Dresden (epd). Nach Corona-Protesten nahe dem Dresdner Universitätsklinikum und Gegenaktionen von Medizinstudenten am Donnerstagabend werden Fragen nach der Verhältnismäßigkeit von Polizeimaßnahmen laut. Sächsische Landtagsfraktionen fordern Aufklärung von Innenminister Roland Wöller (CDU).

Eine Gruppe von Studierenden hatte während Protesten von Corona-Leugnern versucht, sich in Form einer Menschenkette schützend vor das Uniklinikum zu stellen. Nachdem ein Teil von ihnen in einen Polizeikessel geraten sei, seien von 22 Studentinnen und Studenten Identitäten aufgenommen worden, sagte Einsatzleiter Hendrik Schlicke am Freitag in Dresden. Die Studierenden müssen nun mit Konsequenzen rechnen.

Ihnen werde der Verstoß gegen die Corona-Notfallordnung zur Last gelegt, ein Bußgeldverfahren werde eingeleitet, sagte Schlicke. Ihre Aktion sei weder angemeldet gewesen noch habe eine Ausnahmeregelung vorgelegen, nach der sich mehr als zehn Personen versammeln dürfen.

„Es ist schlimm, dass es überhaupt Bestrebungen geben muss, ein Krankenhaus zu schützen“, erklärte der sächsische Fraktionsvorsitzende der Linken, Rico Gebhardt. Es sei allerdings „auch empörend, dass die Polizei offenbar gegen die Medizinstudierenden vorgegangen ist und sie wegen ihrer symbolischen Aktion mit Sanktionen bedroht sind“.

Sollten die Studierenden zahlen müssen, wäre das laut Gebhardt ein „politisches Versagen“ des sächsischen Innenministers. Dieser könne nicht „Zivilcourage einfordern und dann mit Kanonen auf Spatzen zielen lassen, während andernorts diejenigen, die der Demokratie wirklich gefährlich werden wollen, ungeschoren davonkommen“.

Für den innenpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Albrecht Pallas, ist nicht nachvollziehbar, warum „ausgerechnet diese Menschen einen wohl unverhältnismäßigen Einsatz der Polizei erdulden mussten und sogar Anzeigen erstattet worden sein sollen“. Das müsse durch das Innenministerium vollständig aufgeklärt werden, forderte Pallas.

Kritik am Vorgehen der Polizei kommt auch von den Grünen: Es bedürfe „einer vollständigen Erklärung von Innenministerium und Polizeiführung zu den Umständen, Hintergründen und Folgen dieses Vorgehens“, erklärte der innenpolitische Sprecher der sächsischen Grünen-Fraktion, Valentin Lippmann. Die Aktion verdiene Anerkennung.

Innenminister Wöller kündigte auf Twitter an, mit den protestierenden Studentinnen und Studenten in Kontakt treten zu wollen, „um auch deren Sichtweise auf die gestrige Versammlungslage gespiegelt zu bekommen“. Zugleich bedankte er sich für deren „Zivilcourage“. Die Corona-Regeln würden aber für alle gelten.

Ähnlich hatte sich zuvor auch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) geäußert. Ohne auf die Polizeimaßnahmen einzugehen, sprach er von einem „klaren und wichtigen Statement der Studierenden“.

Dresdens Polizeipräsident Jörg Kubiessa sprach von einem „erfolgreichen Einsatz“. „Wir haben das Klinikum geschützt, einen geplanten zentralen Aufzug verhindert und über 200 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet“, sagte er. Die Frage, ob es „richtige und falsche Regelverstöße“ gibt, könne sicher diskutiert werden, aber nicht während eines „dynamischen Einsatzgeschehens“.