Impfpflicht: Politik sucht nach Orientierung

Impfpflicht: Politik sucht nach Orientierung
Ende Januar will der Bundestag mit einer Orientierungsdebatte mehr Klarheit in die Debatte um eine Corona-Impfpflicht bringen. Aus der SPD könnte es spätestens dann einen Antrag für die Pflicht geben. Einen neuen Vorschlag gibt es aus der FDP.
11.01.2022
epd
von Corinna Buschow (epd)

Berlin (epd). Erst schien es sehr schnell zu gehen. Schon vor Weihnachten hatten sich große Teile aus Politik und Verbänden für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ausgesprochen. Doch wollte nicht die Bundesregierung den Ton angeben. Sie will die Entscheidung dem Bundestag überlassen in Form einer Abstimmung ohne Fraktionsdisziplin. Im Parlament merkt man jetzt zu Jahresbeginn, dass der Teufel im Detail steckt - nicht nur wegen einer veränderten Lage durch die Omikron-Variante. Verschiedene Vorschläge machen die Runde. Die Politik sucht vor allem eines: Orientierung.

Die soll es geben in einer Orientierungsdebatte im Bundestag, voraussichtlich in der letzten Januarwoche. Bis dahin wollen die Fraktionen auch noch einzeln beraten und sich Rat von Experten holen. Bei der Union und der SPD waren für Dienstag solche Gespräche geplant, wie Vertreter in Berlin mitteilten.

In der SPD steht die Mehrheit der Abgeordneten nach Einschätzung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dirk Wiese hinter ihrem Kanzler Olaf Scholz, der die Impfpflicht befürwortet: „Ich nehme in der SPD-Fraktion eine große Zustimmung zu einer allgemeinen Impfpflicht wahr“, sagte er am Dienstag in Berlin. Wiese rechnet auch damit, dass es bald konkreter wird. Er gehe davon aus, dass „der Antrag von Wolfgang Kubicki zur Orientierungsdebatte Ende Januar nicht der einzig vorliegende sein wird“.

Der FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsident Kubicki hatte vor dem Jahreswechsel gemeinsam mit anderen Freidemokraten einen Antrag gegen die Impfpflicht erarbeitet. Ob es am Ende für oder gegen eine allgemeine Impfpflicht im Bundestag geben könnte, ist derzeit kaum absehbar, auch weil die Abgeordneten frei nach Gewissen entscheiden sollen.

Die Union stellt dieses Verfahren aber grundsätzlich infrage. Am Dienstag kündigte zunächst der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger in den Zeitungen der Funke Mediengruppe einen eigenen Unionsantrag für eine Impfpflicht ab 50 Jahren an. Wenig später widersprach der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Thorsten Frei (CDU): Die Union arbeite derzeit weder an einem Gesetzentwurf, noch an einem Antrag, sagte er vor Journalisten. Denn darin sind Pilsinger und Frei einig: Die Frage nach der Impfpflicht sei keine Gewissensentscheidung. Die Regierung müsse einen Entwurf vorlegen und offene Fragen zur Umsetzung und Durchsetzung beantworten.

Daneben gibt es aber auch andere Vorschläge für eine Impfpflicht. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen regte Anfang der Woche an, die ab März geltende Impfpflicht für Einrichtungen im Gesundheitswesen und in der Pflege auf Berufe der kritischen Infrastruktur auszuweiten.

Der FDP-Politiker Andrew Ullmann schlug am Dienstag ein abgestuftes Verfahren vor. Eine Impfpflicht sollte „Ultima Ratio“ sein, sagte Ullmann dem epd. „Wichtig wäre, vorab eine professionelle und persönliche Impfaufklärung für die Ungeimpften, unter Umständen sollte diese verpflichtend stattfinden“, erläuterte der Abgeordnete. Sollte die Aufklärungspflicht nicht zu einer Erhöhung der Impfquote führen, sollte man sich weiteren Maßnahmen nicht verschließen, ergänzte er. Gemeint ist eine Impfpflicht für Menschen ab 50 Jahren.

Ullmann sagte aber auch: „Sollte sich jedoch abzeichnen, dass Covid-19 zum Sommer hin endemisch wird, erübrigt sich dann eine weitere Debatte zur Impfpflicht.“ Die Ampel-Koalition will die Debatte zur Impfpflicht nach jetzigem Zeitplan bis spätestens Ende März abschließen.