Stuttgart (epd). Nach der Verwüstung der evangelischen Johanneskirche in Stuttgart ist ein 37-jähriger Tatverdächtiger festgenommen worden. Er steht im Verdacht, in der Nacht zum Samstag massive Zerstörungen in dem Gotteshaus angerichtet zu haben, wie die Polizei am Montag mitteilte. Der Schaden wird auf mehrere zehntausend Euro geschätzt.
Eine Passantin hatte den Angaben zufolge am Samstag die Polizei verständigt, weil ein Mann andere Personen am Feuersee belästigt haben soll. Er habe kurz zuvor die Kirche verlassen. Die Beamten trafen den Störer zwar nicht mehr an, registrierten aber bei ihrem Besuch vor Ort die Schäden innerhalb der Kirche.
Am Sonntag ging dann bei weiteren Ermittlungen am Tatort ein Mann an der Johanneskirche vorbei, auf den die Personenbeschreibung vom Vortag zutraf. Die Polizei kontrollierte den 37-Jährigen und fand mehrere elektronische Geräte, die mutmaßlich von einer Baustelle am Feuersee stammten. Er wurde festgenommen.
Weitere Recherchen legen nahe, dass der Mann in der Nacht zum Samstag an der Haltestelle Feuersee randaliert hat. Unter anderem soll er einen Bauzaun in den Gleisbereich geworfen haben und einen Feuerlöscher aus einer S-Bahn sowie Werkzeuge von einer Baustelle gestohlen haben. Zudem steht er im Verdacht, sich kurz vor Mitternacht in einer S-Bahn am Hauptbahnhof vor einer Frau entblößt zu haben. Am Montag wurde er einem Haftrichter vorgeführt.
Der mutmaßliche Täter demolierte in der Nacht zum Samstag in der Johanneskirche mehr als 20 Fenster mit zum Teil hochwertiger Glasmalerei. Der Eindringling brach Schränke auf, warf eine Schranktüre von der Empore in den Kirchenraum und riss Bänke aus der Verankerung. Des Weiteren wurden Regale umgeworfen und Gesangbücher durch die Kirche geschleudert. Der Täter versprühte zudem den Inhalt eines Feuerlöschers. Gemeindepfarrer Christoph Dinkel sagte, Besucher hätten sich erschüttert gezeigt, dass „ihre“ Kirche so einer Zerstörungswut ausgesetzt gewesen sei.
Mit Abscheu reagierte der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, auf die Zerstörungen. Es handele sich um einen „Akt exemplarischer Dummheit“, erklärte July. Die Verwüstung sei „widerwärtig“.
Auch der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) reagierte entsetzt auf den Vandalismus. Es handele sich um einen „Akt blinder Zerstörungswut und des Kulturbruchs“, teilte die Stadt mit. Er verurteile diesen „Akt der Finsternis mitten im Advent“ aufs Schärfste und stehe fest an der Seite der Kirchengemeinde, betonte der Oberbürgermeister.
Die Johanneskirche im Stuttgarter Westen wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts in neugotischem Stil erbaut und liegt auf der Halbinsel eines Löschwasserteichs. Auffällig ist ihr Turm, dem die Spitze fehlt. Er wurde nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs mangels Geld nicht mehr vollständig wiedererrichtet und dient als Mahnmal für den Frieden.