Merkel wirbt bei Klimagipfel für CO2-Bepreisung

Merkel wirbt bei Klimagipfel für CO2-Bepreisung
Es war ihre letzte Rede bei einer UN-Klimakonferenz: Angela Merkel forderte am Montag in Glasgow mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderwärmung. Umweltschützer zeigten sich enttäuscht von "inhaltlich leichtgewichtigen" Worten.

Glasgow (epd). In ihrer letzten Rede bei einem Weltklimagipfel hat die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine internationale CO2-Bepreisung geworben. „Wir werden allein mit staatlichen Aktivitäten nicht vorankommen“, sagte die Kanzlerin am Montag in Glasgow. Deshalb plädiere sie für einen Bepreisung von CO2-Emissionen, wie sie die EU schon habe und wie sie in China eingeführt werde. Damit „können wir unsere Industrie und unsere Wirtschaft dazu bringen, die technologisch besten und effizientesten Wege zu finden, um zur Klimaneutralität zu kommen“. Umweltschützer zeigten sich enttäuscht von der Rede.

Merkel erinnerte daran, dass sie als Umweltministerin 1995 „die Ehre hatte“, die erste UN-Klimakonferenz in Berlin zu leiten. Glasgow sei nun ihr letzter Gipfel, und es stelle sich nun die Frage, wie weit die Welt vorangekommen sei.

„Wir sind noch nicht da, wo wir hinmüssen“, räumte sie ein. So seien die vorgelegten nationalen CO2-Minderungsziele zusammengerechnet nicht ausreichend, um das Pariser Klimaabkommen umzusetzen, das die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad beschränken soll. Zugleich zeigte Merkel sich zuversichtlich, dass in Glasgow Fortschritte erzielt werden können: „Wir müssen - und ich sage auch: Wir können - das Pariser Klimaabkommen umsetzen“, erklärte die Kanzlerin, die eine „Dekade des Handelns“ ausrief.

Die geschäftsführende Kanzlerin hob auch hervor, dass die finanziellen Hilfen für arme Staaten im Kampf gegen die Erderwärmung weiter aufgestockt werden müssten. Das von den Industriestaaten versprochene Ziel, Entwicklungsländer mit 100 Milliarden Dollar jährlich zu unterstützen, sei noch nicht erreicht. Laut einem von Deutschland und Kanada erarbeiteten Plan solle die Summe aber spätestens ab 2023 zur Verfügung stehen. Sie erinnerte daran, dass Deutschland seine Klimahilfen bis 2025 auf sechs Milliarden Euro jährlich erhöhen will.

Die Umweltorganisation WWF kritisierte die Rede der Kanzlerin als „inhaltlich leichtgewichtig“. Die Worte der Kanzlerin seien zu vage gewesen. „Es wird klar, dass Deutschland unter Merkel längst nicht genug getan hat, um die Erderhitzung einzudämmen“, sagte der Geschäftsführende Vorstand von WWF Deutschland, Eberhard Brandes. Während ihrer Kanzlerschaft sei der Ausbau der erneuerbaren Energien zusammengebrochen, fast zehn Jahre lang seien die Emissionen kaum gesunken. Es liege nun an der kommenden Regierung, Deutschland endlich durch entschlossenes Handeln auf den 1,5-Grad-Kurs zu bringen.

Der Geschäftsführer der Entwicklungsorganisation Germanwatch, Christoph Bals, erklärte, es sei eine „Ironie der Geschichte“, dass die Kanzlerin nach 16 Jahren zu langsamer Fortschritte der kommenden Regierung eine so klare Aufforderung zum Handeln vor die Tür lege. Sie lege dabei den Finger in die kritische Flanke der Koalitionsverhandlungen zum Thema Klimaschutz, wo es sich die Verhandler bisher schwer machten.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte, es sei „erschreckend wenig passiert“, seitdem Merkel vor 26 Jahren die erste UN-Klimakonferenz geleitet habe. Am vergangenen Wochenende sei es beim G20-Gipfel in Rom so weitergegangen: Die G20-Staaten hätten es versäumt, ein starkes Signal in Richtung Glasgow zu senden. Umso mehr Verantwortung laste nun auf der Klimakonferenz.

Beim Klimagipfel in Glasgow beraten Vertreter aus 197 Staaten bis zum 12. November über die weitere Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Unter anderem geht es um eine Bewertung der freiwilligen nationalen Klimaziele bis 2030, die die Staaten vor der Konferenz eingereicht haben. Außerdem wollen die Klimadiplomaten über Transparenzregeln, Berichtspflichten und die Ausgestaltung eines internationalen Handels mit CO2-Emissionsrechten verhandeln. Auch über die finanzielle Unterstützung armer Staaten im Kampf gegen die Erderwärmung soll beraten werden.