Düsseldorf (epd). Der sechsjährige Majdanek-Prozess vor dem Düsseldorfer Landgericht ab 1975 gilt als der Auftakt zu einer Beschäftigung der deutschen Gesellschaft mit NS-Verbrechen, nicht nur in Düsseldorf. Der Leiter der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte, Bastian Fleermann, unterstreicht dabei rückblickend die Rolle junger Menschen. Viele Jugendliche hätten zwischen 1975 und dem 30. Juni 1981, dem Tag der Urteilsverkündung, den Prozess verfolgt und darauf gedrungen, dass die Gesellschaft sich mit der NS-Politik und den Verbrechen in der eigenen Stadt beschäftigt, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).
„Sie forderten eine Gedenkstätte, in der an die Opfer erinnert und über die Täter und die Strukturen des NS-Staates geforscht wird“, sagte Fleermann. Diese Forderungen der jungen Prozessbeobachter hätten es ermöglicht, in Düsseldorf am ehemaligen Sitz der Gestapo und gegenüber dem Landgericht, in dem der Prozess gehalten wurde, eine Gedenkstätte zu gründen. Zum 40. Jahrestag der Urteile zeigt die Einrichtung von Mittwoch an eine neue Ausstellung über Majdanek und den Prozess.
Das Lager Majdanek in Polen wurde 1941 eingerichtet und gilt als das erste Konzentrations- und Vernichtungslager im von NS-Deutschland besetzten sogenannten Großgouvernement Polen. Nach neueren Forschungen wurden dort etwa 78.000 Jüdinnen, Juden und polnische politische Gefangene ermordet. In dem Prozess wurden eine ehemalige SS-Aufseherin zu lebenslanger, andere zu mehrjähriger Haft verurteilt. Unmittelbar nach der Befreiung des Lagers 1944 waren Mitglieder der Lagerleitung in Polen bereits zum Tode verurteilt worden.
„Der Düsseldorfer Majdanek-Prozess hat das Schweigen gebrochen und sich noch intensiver mit Verbrechen in einem Konzentrationslager beschäftigt als der Auschwitz-Prozess in den 60er Jahren“, sagt Fleermann. Jugendliche aus Kirchengruppen, Gewerkschaften und politischen Parteien hätten den Prozess verfolgt und dabei zum ersten Mal aus dem Mund der Zeugen gehört, was in einem Lager geschah.
Etwa 250 Überlebende sagten in dem Prozess aus. Kein anderer Prozess habe sich so genau mit dem Leben der Häftlinge während und nach ihrer Gefangenschaft beschäftigt, sagt Fleermann. Die jungen Prozessbeobachter hätten daraufhin die Beschäftigung mit der NS-Vergangenheit in der Stadt in Gang gesetzt: „Bis dahin gab es nichts darüber!“ Weder das Stadtarchiv noch Bibliotheken hätten Informationen über Aktionen von SS und Gestapo gesammelt. Auf Grund des erwachten Interesses sei in Düsseldorf die Mahn- und Gedenkstätte entstanden und vergleichbare Einrichtungen in anderen Städten.
Viele Prozessbeobachter hätten damals die Urteile als zu milde kritisiert. Die damalige Rechtslage habe aber keine härteren Strafen ermöglicht, sagt Historiker Fleermann. Erst später sei es möglich geworden, KZ-Wärter wegen Beihilfe zum Mord zu verurteilen. Der Prozess gilt bis heute als einer der längsten und aufwändigsten in der Geschichte der Bundesrepublik