Steinmeier erinnert an Überfall auf Sowjetunion und Kriegsgefangene

Steinmeier erinnert an Überfall auf Sowjetunion und Kriegsgefangene
Bundespräsident: "Eine Opfergruppe, die im Schatten geblieben ist"
Im NS-Lager Sandbostel waren mehr als 300.000 Kriegsgefangene interniert. 80 Jahre nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion lenkt Bundespräsident Steinmeier dort den Blick auf die mehr als 70.000 Soldaten der Roten Armee unter ihnen.

Sandbostel (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Montag im niedersächsischen Sandbostel an den Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion vor 80 Jahren erinnert. Bei einem Besuch in der Gedenkstätte auf dem Gelände eines ehemaligen NS-Kriegsgefangenenlagers sprach er auch mit Angehörigen sowjetischer Kriegsgefangener, die in Sandbostel starben. „Dieser Besuch gilt einer Opfergruppe, die in der deutschen Erinnerung weitgehend im Schatten geblieben ist“, sagte er. „Das Sterben hat nicht nur in der Ferne stattgefunden, sondern auch hier bei uns.“ Der Besuch ist für den Bundespräsidenten der Auftakt einer Reihe von Veranstaltungen zum Jahrestag des Überfalls am 22. Juni.

Im NS-Lager Sandbostel waren mehr als 300.000 Kriegsgefangene aus über 55 Nationen interniert, darunter über 70.000 Soldaten der Roten Armee. Besonders ihnen versagte die Wehrmacht den Schutz durch das Kriegsvölkerrecht. Tausende starben im Lager und seinen Arbeitskommandos an Entkräftung, Hunger und Mangelerkrankungen. Zu ihrem Gedenken legte Steinmeier einen Kranz auf dem Lagerfriedhof nieder.

Es sei wichtig, sich auch die „dunklen Seiten der Geschichte“ in Erinnerung zu rufen, sagte der Bundespräsident. Die Gedenkstätte Sandbostel sei ein „notwendiger Ort“- auch um junge Menschen dafür zu sensibilisieren, „dass das, was hier geschehen ist, nie wieder passiert“. Der Bundespräsident kam auch mit Gedenkstättenleiter Andreas Ehresmann sowie haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden ins Gespräch. Er würdigte den Einsatz Engagierter, die die Gedenkstätte erst möglich gemacht und gegen Widerstände mit der Aufarbeitung der Vergangenheit begonnen hätten: „Es gab einen Zustand des Vergessens.“

Am 22. Juni 1941 begann mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion ein Vernichtungskrieg: Mit 27 Millionen Toten hatte die Sowjetunion die meisten Opfer des Zweiten Weltkrieges zu beklagen. Insgesamt kamen mehr als drei Millionen sowjetische Soldaten in deutscher Gefangenschaft ums Leben.

Am Freitag will Steinmeier im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst mit einer Rede die Ausstellung „Dimensionen eines Verbrechens. Sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg“ eröffnen. Das werde seine zentrale Gedenkrede aus Anlass des Jahrestages, kündigte er an. Das heutige Museum ist der historische Ort, an dem am 8. Mai 1945 die Kapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnet worden war. Am Jahrestag des Überfalls selbst will Steinmeier einen Kranz am Sowjetischen Ehrenmal Schönholzer Heide in Berlin-Pankow niederlegen.