Aus von EKD-Betroffenenbeirat sorgt für Kritik

Aus von EKD-Betroffenenbeirat sorgt für Kritik
Missbrauchsbeauftragter Rörig schlägt Schlichtung vor
Die Entscheidung der EKD, den Betroffenenbeirat für die Begleitung der Missbrauchsaufarbeitung auszusetzen, wird von Mitgliedern heftig kritisiert. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung hofft, dass das Aus nicht das letzte Wort ist.

Hannover, Berlin (epd). Das zumindest vorläufige Aus des Betroffenenbeirats zur Begleitung der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche sorgt für Kritik. „Mit der einseitigen Aussetzung der Betroffenenbeteiligung versucht sich die EKD der Kritik von Betroffenen an ihren unzureichenden Prozessen der Aufarbeitung zu entziehen“, heißt es in einer am Dienstag verbreiteten Erklärung von vier noch aktiven Beiratsmitgliedern. Vertreter der EKD betonten demgegenüber, die Betroffenenbeteiligung solle fortgeführt werden. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, schlug einen Schlichtungsversuch vor, um das Gremium nicht aufzugeben.

„Eine Beendigung - egal ob sie Aussetzung, Auflösung oder Ruhen genannt wird - darf immer nur ultima ratio sein“, sagte Rörig dem epd. Die EKD hatte am Montagabend das vorläufige Aus des Betroffenenbeirats bekanntgegeben. Die Konzeption sei gescheitert, hieß es. Grund sind demnach erfolgte Rücktritte aus dem Gremium, interne Konflikte und Dissens zwischen dem Betroffenenbeirat und dem Gegenüber auf EKD-Seite, dem Beauftragtenrat, über das weitere Vorgehen. Der Sprecher des Beauftragtenrats, der Braunschweiger Bischof Christoph Menys, sprach von einem notwendigen „Neustart der Betroffenenpartizipation“. Bis dahin soll es eine Zwischenlösung geben, zu der aber keine Details genannt wurden.

Der badische Bischof Jochen Cornelius-Bundschuh, der ebenfalls dem Beauftragtenrat angehört, räumte Fehler ein. Es sei „wirklich ein Scheitern und schmerzlich, dass der von uns vorgeschlagene Weg nicht tragfähig war“, sagte er. Die EKD übernehme die Verantwortung für das Scheitern. Nach Angaben der EKD soll nun durch eine Evaluation geklärt werden, was schief lief.

Cornelius-Bundschuh sagte, dass in Gesprächen mit ausgeschiedenen und verbliebenen Mitgliedern des Betroffenenbeirats schon Faktoren deutlich geworden seien: „Unklarheiten schon in der Konzeption, mangelnde Begleitung des Prozesses und Unterstützung des Beirates.“ Fünf der bei Gründung des Gremiums im September zwölf Mitglieder hatten ihre Mitarbeit bereits aufgegeben. Sie und aktive Mitglieder beklagen unter anderem, dass sie unzureichend informiert, nicht rechtzeitig an Entscheidungen beteiligt und nicht auf Augenhöhe behandelt worden seien.

Die Evaluation lehnen die zuletzt verbliebenen Mitglieder ab. „Vertrauliche Protokolle würden so gegen den Willen von Betroffenen weitergegeben werden“, heißt es in ihrer Mitteilung, die unter anderem Katharina Kracht, Detlev Zander und Henning Stein unterzeichnet haben. Man lehne dies „kategorisch“ ab. Auch Rörig äußerte Skepsis: „Ich kann einen Prozess erst dann evaluieren, wenn er eine gewisse Zeit nach festgelegten Kriterien gelaufen ist“, sagte er und ergänzte: „Klar ist: Menschen dürfen nicht evaluiert werden.“

Der Missbrauchsbeauftragte Rörig sieht in der mangelnden Geschäftsgrundlage eine Erklärung für das Scheitern des Betroffenenbeirats. „Es muss klare Regeln geben, was die Pflichten der Institution und die Möglichkeiten der Mitwirkung der Betroffenen sind“, sagte Rörig. Eine feste Geschäftsgrundlage sei notwendig, um enttäuschte Erwartungen auf beiden Seiten zu vermeiden. Das Gremium hatte nach epd-Informationen bis zur Auflösung noch nicht einmal eine formelle Geschäftsordnung und damit Regeln, wie man mit Anträgen im Gremium verfährt. „Ich will nicht ausschließen, dass sowohl der Rat der EKD als auch der Beauftragtenrat die Größe der Herausforderung der Betroffenenbeteiligung insgesamt unterschätzt hat“, sagte Rörig.