Intensivmediziner: Mehr in sozialen Brennpunkten impfen

Intensivmediziner: Mehr in sozialen Brennpunkten impfen
Kommunen gegen Abweichen von Impfpriorisierungen
Ärzte und Kommunen mahnen, soziale Brennpunkte beim Impfen stärker in den Blick zu nehmen. Mobile Impfteams sollten vor Ort eingesetzt werden. Nötig sei es dort aber auch, über Impfungen gezielter zu informieren.

Düsseldorf, Essen (epd). Intensivmediziner haben Länder und Kommunen aufgefordert, verstärkt in sozialen Brennpunkten gegen das Coronavirus zu impfen, um die Krankenhäuser zu entlasten. "Auf den Intensivstationen liegen überdurchschnittlich viele Menschen aus ärmeren Bevölkerungsschichten, Menschen mit Migrationshintergrund und sozial Benachteiligte", sagte der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag). Auch die Städte und Kommunen sprachen sich für mobile Impfteams aus.

Um die Menschen aus ärmeren Schichten besser zu schützen und die Intensivstationen zu entlasten, sollten Kommunen mobile Impfteams in die sozialen Brennpunkte der Städte schicken, sagte Karagiannidis. "Das würde eine Menge bringen, denn das Impftempo ist derzeit vielversprechend", sagte Karagiannidis. "Bleibt es so hoch und impfen wir jetzt noch gezielter, bekommen wir im Rennen gegen das Virus in absehbarer Zeit die Oberhand."

Der Intensivmediziner warnte zugleich vor schwerwiegenden Langzeitfolgen für die Krankenhäuser nach der Pandemie. "Die Intensivstationen sind bereits viel zu voll. Die Bettenkapazitäten mögen je nach Region noch Notfallreserven haben, das Pflegepersonal und die Ärzte auf den Intensivstationen haben diese aber nicht mehr", sagte Karagiannidis, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) ist.

Auch der Deutsche Städtetag forderte größere Anstrengungen für Impfungen in sozial benachteiligten Stadtteilen. "Soziale Unterschiede dürfen nicht dazu führen, dass ein Teil der Menschen abgehängt wird, weil für sie der Zugang zu Impfungen zu schwer ist", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Um mehr Menschen individuell anzusprechen, müssten auch mobile Impfteams stärker eingesetzt werden. Viele Städte hätten bereits ihre Anstrengungen verstärkt, in sozial benachteiligten Quartieren intensiver über die Einhaltung von Hygienevorgaben zu informieren. "Nun geht es darum, auch das Impfen den Menschen dort stärker nahezubringen", sagte Dedy.

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund befürwortet Forderungen nach verstärkten Impfungen in sozialen Brennpunkten, ist jedoch gegen eine Abweichung von der festgelegten Impfreihenfolge. "In sozialen Brennpunkten ist es wichtig, die dort lebenden Menschen gezielt zu informieren und mehrsprachige Informationen zur Impfung zur Verfügung zu stellen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag). Zudem sollten die Menschen bei der Wahrnehmung ihrer Impftermine unterstützt werden. "Eine Priorisierung und damit ein Abweichen von der Impfreihenfolge halten wir derzeit nicht für zielführend", sagte er.