Terre des hommes: Impfstoff-Patente vorübergehend aufheben

Terre des hommes: Impfstoff-Patente vorübergehend aufheben

Osnabrück (epd). Das Kinderhilfswerk terre des hommes hat eine vorübergehende Aufhebung der Patentrechte für die Corona-Impfstoffe angeregt. Anders sei es nicht möglich, ärmere Länder vor der Ausbreitung des Virus zu schützen, sagte der Sprecher der Hilfsorganisation, Wolf-Christian Ramm, am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Als Mensch auf dem Land in Simbabwe habe ich das gleiche Recht, geimpft zu werden wie jemand in Deutschland."

Weil die Pandemie ein globales Phänomen sei, müsse es auch eine globale Antwort darauf geben, betonte Ramm. "Die Antwort kann nicht sein, dass die eine Hälfte der Welt sich den Impfstoff leisten kann, die andere nicht." Das Hilfswerk sieht die Weltgesundheitsorganisation WHO in der Rolle, die Zugänge zu den Impfdosen zu koordinieren. "Doch die WHO hat im Moment nicht den Hut auf. Sondern es wird über den Markt geregelt - und das kann nicht funktionieren", kritisierte Ramm.

Die Pandemie treffe arme Länder ganz besonders und sorge für eine erneute Ausbreitung des Hungers. "Menschen, die als Tagelöhner im Lockdown landen, haben einfach von heute auf morgen kein Geld mehr - das Familieneinkommen bricht weg", erläuterte der Sprecher. Das führe dazu, dass Hilfsorganisationen wieder Nahrungsmittelpakete schickten. "Das ist ein unglaublicher Rückschritt. Dabei waren Länder wie Indien oder Südafrika schon viel weiter."

Auch die Kinderarbeit nehme zu. In Indien, wo Millionen Menschen als Tagelöhner arbeiteten, müssten Kinder wieder zum kargen Familieneinkommen beitragen. Dafür würden sie aus den Schulen genommen, falls diese nicht ohnehin geschlossen seien. "Und Geldverleiher erheben plötzlich Wucherzinsen, weil viele arme Leute darauf angewiesen sind, sich Geld zu leihen."

Um erfolgreiche Patente und Lizenzen für Corona-Medikamente der Allgemeinheit zugänglich zu machen, wurde im Mai 2020 der "Covid 19 Technology Access Pool" unter dem Dach der WHO eingerichtet. "Das wäre genau das, was wir im Moment brauchen", sagt Ramm. "Aber ich erkenne nicht, dass es irgendwo umgesetzt wird." Dabei sei der Vorschlag gar nicht so revolutionär: "Die Idee ist 20 Jahre alt und hat schon einmal funktioniert: bei der Bekämpfung von Aids."