Protest gegen Neonazi-Kundgebung am Dresdner Gedenktag

Protest gegen Neonazi-Kundgebung am Dresdner Gedenktag
Dresden erinnert alljährlich mit einem Gedenktag an die Opfer des Zweiten Weltkrieges und an die Zerstörung der Stadt im Februar 1945. Seit Jahren missbrauchen Neonazis den Tag für ihre Zwecke. Doch das bleibt nicht unwidersprochen.

Dresden (epd). Mehrere hundert Menschen haben am Samstag in Dresden gegen eine Neonazi-Kundgebung protestiert. Sie versammelten sich in Hör- und Sichtweite der rechtsextremen Demonstranten in der Nähe des Hauptbahnhofs. Anlass war der alljährliche Dresdner Kriegsgedenktag am 13. Februar, an dem die Stadtgesellschaft an die Zerstörung der Stadt 1945 und an die Millionen Opfer der NS-Zeit erinnert. Seit Jahren missbrauchen Rechtsextreme den Gedenktag für ihre Zwecke.

Die Polizei trennte beide Gruppen strikt voneinander. Bis zum Nachmittag habe es keine Zwischenfälle gegeben, sagte ein Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zum Gegenprotest hatten das Bündnis "Dresden Nazifrei" und weitere Initiativen aufgerufen. Die Veranstalter der Neonazi-Kundgebung bezifferten die Teilnehmerzahl auf rund 700, Beobachter gingen jedoch von deutlich weniger Teilnehmenden aus.

Wegen der Corona-Pandemie fand in diesem Jahr nur ein reduziertes Programm des Gedenktages statt. Die traditionelle Menschenkette um die Altstadt sollte am Abend coronabedingt erstmals nur virtuell stattfinden. Dafür sollten Fotos von Dresdnerinnern und Dresdnern auf markante Gebäude wie die Frauenkirche und die Synagoge projiziert werden. Vergangenes Jahr beteiligten sich rund 11.000 Menschen an der Menschenkette als Zeichen des Friedens und der Versöhnung. Am frühen Abend sollte es ferner auf dem Altmarkt eine Gedenkfeier im kleinen Rahmen mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) geben.

Den Auftakt des Gedenkens bildeten am Vormittag kleine Veranstaltungen auf Dresdner Friedhöfen, auf denen Opfer der alliierten Luftangriffe auf die Stadt zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 bestattet sind. Zudem gab es mehrere Kunstaktionen im öffentlichen Raum. Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge starben bei den Angriffen etwa 25.000 Menschen.

In einen Online-Friedensgebet rief Frauenkirchenpfarrerin Angelika Behnke zu Respekt und Toleranz auf. Die Dresdner Frauenkirche sei als Zeichen für Menschlichkeit und Glaubensstärke wiedererrichtet worden, sagte die evangelische Theologin. Der im Zweiten Weltkrieg zerstörte und 2005 wieder eingeweihte Barockbau sei ein Hoffnungszeichen und verbinde Menschen in der Stadt und weltweit.

Der Zeitzeuge Günther Ulbricht rief in dem Online-Gebet zu Zivilcourage auf. Die junge Generation nehme den Zustand des Friedens als Selbstverständlichkeit. "Das ist ein Irrtum", sagte Ulbricht, der als Neunjähriger die Luftangriffe auf Dresden miterlebt hat. Frieden sei kein Geschenk, sondern eine Lebensaufgabe.

Ulbricht berichtete zudem bei einer Andacht am Samstagmittag in der Dresdner Frauenkirche über sein persönliches Schicksal. An der Veranstaltung, bei der auch das Versöhnungsgebet von Coventry gesprochen wurde, nahmen rund 40 Menschen teil. Coventry ist Partnerstadt von Dresden und war 1940 bei einem deutschen Luftangriff schwer zerstört worden.