Urteil im Prozess zum Mord an Walter Lübcke erwartet

Urteil im Prozess zum Mord an Walter Lübcke erwartet

Frankfurt a.M. (epd). Mehr als anderthalb Jahre nach der Tat verkündet das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am Donnerstag sein Urteil im Strafprozess zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. In 44 Verhandlungstagen seit dem 16. Juni vergangenen Jahres hatte das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Thomas Sagebiel untersucht, welche Schuld die beiden Angeklagten Stephan E. (47) und Markus H. (44) tragen. Die Bundesanwaltschaft ist bei ihrer Anklage geblieben: Sie wirft den Männern vor, Lübcke wegen seines Einsatzes für Flüchtlinge aus rechtsradikaler, fremdenfeindlicher Gesinnung getötet zu haben.

Oberstaatsanwalt Dieter Killmer wirft Stephan E. Mord an Walter Lübcke und versuchten Mord an dem Asylbewerber Ahmed I. vor. Dafür fordert er die Höchststrafe, lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung. Für Markus H. fordert die Anklage neun Jahre und acht Monate Haft wegen Beihilfe zum Mord und illegalem Waffenbesitz. Der Anwalt der Familie Lübcke als Nebenkläger, Holger Matt, betrachtet H. als Mittäter beim Mord und fordert für ihn die gleiche Strafe wie für E.

Die Strafverteidiger von Stephan E. plädierten auf Totschlag im Fall Lübcke und auf Freispruch vom Vorwurf des versuchten Mordes an Ahmed I. Die Strafe solle "verhältnismäßig, aber auch annehmbar" sein. Die Verteidigung von Markus H. plädierte auf Freispruch ihres Mandanten, dieser sei zu Unrecht angeklagt worden.

Walter Lübcke war am späten Abend des 1. Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses in Wolfhagen-Istha erschossen worden. Ahmed I. wurde am 6. Januar 2016 in Lohfelden von einem Fahrradfahrer ein Messer in den Rücken gerammt. Stephan E. legte drei sich gegenseitig widersprechende Geständnisse ab, bezichtigte sich schließlich des Todesschusses und sagte im Prozess aus, während Markus H. zu dem Hauptvorwurf schwieg. Für den Tathergang in beiden Fällen gibt es keine Zeugen. Das Gericht muss sein Urteil anhand der Aussagen der Angeklagten, von Zeugen aus deren Bekanntenkreis, Ermittlern und Gutachtern sowie von Indizien bilden.