Woelki bittet Papst um Prüfung möglicher Pflichtverletzung

Woelki bittet Papst um Prüfung möglicher Pflichtverletzung
Der Kölner Erzbischof Woelki will die gegen ihn erhobenen Vertuschungsvorwürfe in einem Missbrauchsfall gegen ihn durch den Papst prüfen lassen. Der frühere Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum verlangt eine unabhängige Aufklärung.

Köln (epd). Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki will gegen ihn erhobene Vertuschungsvorwürfe in einem Fall sexuellen Missbrauchs von Papst Franziskus klären lassen. "Um die gegen mich erhobenen kirchenrechtlichen Vorwürfe zu klären, bitte ich den Heiligen Vater um eine Prüfung in dieser Frage", erklärte Woelki am Freitag in Köln. Der Münsteraner Bischof Felix Genn prüft bereits, ob er kirchenrechtliche Ermittlungen gegen Woelki aufnimmt. Unterdessen forderte der zurückgetretene Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln, Patrick Bauer, die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in die Hände einer unabhängigen "Wahrheitskommission" zu legen.

Woelki hatte 2015 nach der Prüfung von Personalakten einen mutmaßlichen Missbrauchsfall nicht an den Apostolischen Stuhl in Rom gemeldet. Zur Begründung erklärte das Erzbistum am Freitag, der beschuldigte Pfarrer sei wegen Demenz und eines Schlaganfalls nicht ansprechbar gewesen und das Opfer habe sich nicht in der Lage gesehen, "sich weiter zur Sache zu äußern". Dies habe dazu geführt, "dass die Einleitung einer kanonischen Voruntersuchung und damit auch eine Meldung an die Glaubenskongregation unterblieben ist". In der kirchenrechtlichen Bewertung dieser Frage gebe es "in der Berichterstattung der vergangenen Tage verschiedene Rechtsauffassungen". Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hatte Woelki etwa wegen der Vorgänge zum Rücktritt aufgefordert.

Der mutmaßliche Missbrauch wurde nach Recherchen des "Kölner Stadt-Anzeigers" Ende der 70er Jahre von einem 1929 geborenen und inzwischen gestorbenen Düsseldorfer Pfarrer verübt, das Opfer sei ein Junge im Kindergartenalter gewesen. Das Opfer habe den Missbrauch 2010 beim Erzbistum Köln angezeigt, das ihm nach einer Prüfung eine Summe von 15.000 Euro gezahlt habe.

Papst Franziskus hatte 2019 eine Meldepflicht für Missbrauchsfälle angeordnet und die Vertuschung von sexuellem Missbrauch als Straftat definiert. Vor diesem Hintergrund prüft der Münsteraner Bischof Felix Genn als dienstältester Bischof der Kirchenprovinz Köln, ob er kirchenrechtliche Ermittlungen gegen Woelki aufnimmt. Er ist unter bestimmten Umständen zu einer solchen Untersuchung verpflichtet.

Nach Einschätzung von Patrick Bauer ist die katholische Kirche insgesamt "nicht mal mehr ansatzweise in der Lage, adäquat mit dem Missbrauchsskandal umzugehen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag). Rücktrittsforderungen an Woelki wollte sich Bauer nicht anschließen. Jeder solle die Konsequenzen ziehen, der er vor seinem Gewissen für erforderlich halte. Bauer zog aber einen Vergleich zur Theologin Margot Käßmann, die als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückgetreten war, weil sie sich nach einer Autofahrt mit zu viel Alkohol als Bischöfin für nicht mehr glaubwürdig gehalten habe. "Daran müssen sich Bischöfe messen lassen", sagte Bauer.

Woelki steht auch in der Kritik, weil er ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln wegen "methodischer Mängel" unter Verschluss hält. Er gab stattdessen eine neue Gutachten in Auftrag, das im März veröffentlicht werden soll.