Deutsche Justiz prüft Anzeige wegen Giftgasangriffen in Syrien

Deutsche Justiz prüft Anzeige wegen Giftgasangriffen in Syrien
Giftgas im Syrien-Krieg: Menschenrechtsorganisationen machen zehn Funktionäre des Assad-Regimes für zwei Angriffe auf syrische Städte verantwortlich. Sie haben Beweismaterial gesammelt und in Deutschland Strafanzeige erstattet.

Frankfurt a.M., Karlsruhe (epd). Die deutsche Justiz prüft eine Strafanzeige gegen das syrische Regime wegen Giftgasangriffen in dem arabischen Land. Internationale Menschenrechtsorganisationen wollten dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe umfangreiches Beweismaterial dazu vorlegen, berichteten der "Spiegel" und die Deutsche Welle am Freitag.

Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), dass eine Strafanzeige zum Giftgaseinsatz in Syrien bereits im Oktober eingegangen sei. Dem "Spiegel" zufolge machen die Menschenrechtsorganisationen zehn Männer aus dem syrischen Machtapparat für einen Angriff 2013 mit dem Nervengift Sarin auf das syrische Ghuta verantwortlich. Dabei starben mehr als tausend Menschen.

Ein syrischer Offizier, der dem Assad-Regime den Rücken gekehrt habe, behaupte, dass Baschar al-Assads Bruder Maher den Chemiewaffenangriff befohlen habe, berichtete der "Spiegel". Die Anzeige beziehe sich auch auf einen weiteren Giftgas-Angriff im Jahr 2017. Insgesamt hätten die Organisationen dem Generalbundesanwalt bereits mehr als tausend Seiten Belege vorgelegt. Weitere Unterlagen, Fotos und Videos zu den mutmaßlichen Kriegsverbrechen sollen folgen.

"Wir fordern Ermittlungen gegen die Verantwortlichen für diese furchtbaren Verbrechen", sagte der in London ansässige Jurist Steve Kostas von der Open Society Justice Initiative dem "Spiegel". Seine Organisation habe die Anzeige eingereicht. Beteiligt seien auch das Syrian Archive in Berlin und das Syrian Center for Media and Freedom of Expression in Paris.

Der Generalbundesanwalt führt bereits ein sogenanntes Strukturermittlungsverfahren zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien, die nach dem Weltrechtsprinzip auch in Deutschland geahndet werden können. Die Ermittlungen beziehen sich sowohl auf Taten der syrischen Regierung als auch auf Verbrechen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) und anderer Gruppen. Im April 2020 hat vor dem Oberlandesgericht Koblenz der weltweit erste Prozess zu Staatsfolter in Syrien begonnen. Angeklagt sind zwei mutmaßliche ehemalige Geheimdienstfunktionäre des syrischen Regimes.