Menschenrechtler: Corona trifft Urbevölkerung besonders hart

Menschenrechtler: Corona trifft Urbevölkerung besonders hart

Göttingen (epd). Angehörige von Urvölkern sind nach Einschätzung von Menschenrechtlern besonders von der Corona-Pandemie bedroht. In vielen Fällen hätten sie kaum Zugang zu Gesundheitssystemen, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Freitag in Göttingen. Zudem würden ihre Rechte in vielen Ländern beschnitten, wogegen sie jedoch wegen der zunehmenden Beschränkung des öffentlichen Raumes nicht protestieren könnten.

Extrem verwundbar seien vor allem diejenigen, die eigentlich kaum oder gar keinen Kontakt nach außen wünschten und in weitgehender Isolation lebten, sagte die Referentin für Indigene bei der Menschenrechtsorganisation, Regina Sonk. Ureinwohner in Brasiliens Amazonasgebiet berichteten, dass evangelikale Christen wieder vermehrt missionarisch aktiv seien: "Die berüchtigten evangelikalen 'Missao Novas Tribos' planen demnächst einen Helikopter-Besuch. In Anbetracht einer möglichen Corona-Infektionen sind solche Besuche äußerst verantwortungslos."

Lebten Urvölker abseits großer Städte in ihren Territorien, seien Krankenhäuser und eventuell benötigte intensivmedizinische Versorgung weit entfernt, sagte Sonk. Präventive Maßnahmen wie das Arbeiten von zu Hause bedeuteten für sie ein Privileg, das sie sich nicht leisten könnten. "Wer in der Landwirtschaft tätig ist, muss seine Erzeugnisse auch weiterhin auf Märkten oder sonst informell verkaufen."

Auf der politischen Ebene liege der Kampf für indigene Rechte derzeit auf Eis, hieß es weiter. Das Ständige Forum für indigene Angelegenheiten der Vereinten Nationen in New York, das wichtigste Forum für Indigene aus aller Welt, sei auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Gleiches gelte für das brasilianische Landrechtscamp "Acampamento Terra Livre", bei dem mehrere tausend Ureinwohner jedes Frühjahr in der Hauptstadt Brasília für ihre Landrechte demonstrierten.