Würzburger Kinderporno-Prozess ohne Öffentlichkeit gestartet

Würzburger Kinderporno-Prozess ohne Öffentlichkeit gestartet
Nebenkläger-Anwalt fordert hohe Strafen für Logopäden
Ein Logopäde soll jahrelang kleine und teils schwerbehinderte Jungs schwer sexuell missbraucht haben. Von seinen Taten fertigte er laut Anklage kinderpornografisches Material an und bot es im Internet an. Nun steht er vor Gericht.

Würzburg (epd). Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat am Donnerstag der Prozess gegen den Logopäden Oliver H. wegen 66-fachen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern vor dem Landgericht Würzburg begonnen. Der heute 38-jährige Mann soll mehr als zehn Jahre lang insgesamt sieben Jungen missbraucht und davon kinderpornografische Fotos und Videos angefertigt haben. Die Betroffenen sind heute zwischen sieben und 13 Jahren alt. Der Mann war im März 2019 festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. Die Taten soll er in seinen Praxen und auch in zwei evangelischen Kitas in Würzburg begangen haben.

Der Nebenkläger-Anwalt zweier betroffener Familien hatte vor Beginn der Verhandlung am Donnerstagmorgen harte Strafen gegen den Angeklagten gefordert. Seine Mandanten wollten, dass der Angeklagte "nie wieder rauskommt", sagte Anwalt Bernhard Löwenberg am Donnerstag vor Journalisten im Landgericht Würzburg. Die beiden Familien seien durch das Geschehene und die Ermittlungen "seit Monaten in ihrem Alltag beeinträchtigt". Sie erwarteten von dem Prozess Gerechtigkeit: "Der Betreuungsaufwand für die betroffenen Kinder war schon immer groß, jetzt ist er noch einmal größer."

Der Vorsitzende Richter der Jugendschutzkammer, Michael Schaller, hatte etwa gegen 10 Uhr die Öffentlichkeit vorerst für die Verlesung der Anklageschrift ausgeschlossen. Grund hierfür sei, dass wegen des sehr detaillierten Anklagesatzes leicht Rückschlüsse auf die Identität der Betroffenen gezogen werden könnten. In ihrem Umfeld sei zum Teil bis jetzt nicht bekannt, dass sie mögliche Opfer des Angeklagten sind. Um ihre Stigmatisierung zu vermeiden, schließe man Öffentlichkeit aus. Die Entscheidung hatte vor allem unter den anwesenden Verwandten der mutmaßlichen Opfer für Unmut im Gerichtssaal gesorgt.

Dem 1982 in Wolgast geborenen Oliver H. wirft die Staatsanwaltschaft unter anderem schweren sexuellen Missbrauch sowie die Herstellung, Verbreitung und den Besitz kinderpornografischen Materials vor. H. verging sich laut Anklage unter anderem in zwei evangelischen Kitas an sieben teils schwerbehinderten Jungen zwischen zwei und sechs Jahren. Die selbst erstellten kinderpornografische Bilder und Videos verbreitete er demnach über das Darknet. Der Mann sitzt seit der Festnahme im März 2019 in Untersuchungshaft. In Folge der Ermittlungen dieses Falls wurden weitere Tatverdächtige in ganz Europa ausfindig gemacht.

Prozessbeobachter erwarten, dass der Großteil des Prozesses unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Bislang sind insgesamt zehn weitere Verhandlungstage bis Ende April angesetzt.