Kirchen fordern Rüstungsexportkontrollgesetz

Kirchen fordern Rüstungsexportkontrollgesetz
Waffenlieferungen an arabische Länder gelten als besonders problematisch. Trotzdem gehören einige von ihnen weiterhin zu den wichtigsten Abnehmern deutscher Rüstungsgüter. Die Kirchen fordern gesetzliche Regeln - auch mit Blick auf die Türkei.

Berlin (epd). Die beiden großen Kirchen kritisieren neue Ausfuhren deutscher Waffen in Krisenregionen und fordern ein Rüstungsexportkontrollgesetz. "Dass ein verbindliches Gesetz heute nötiger denn je ist, zeigt die aktuelle Entwicklung in der Türkei und deren völkerrechtswidriger Einmarsch in Nordsyrien", sagte Prälat Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), bei der Vorstellung des diesjährigen GKKE-Rüstungsexportberichts am Dienstag in Berlin.

So habe die Bundesregierung in den ersten sechs Wochen nach dem türkischen Einmarsch Anfang Oktober vier Rüstungsexporte im Wert von mehr als drei Millionen Euro genehmigt, sagte der Theologe. In den ersten acht Monaten dieses Jahres habe der Nato-Partner Kriegswaffen für rund 250 Millionen Euro aus Deutschland erhalten.

Der katholische GKKE-Vorsitzende Prälat Karl Jüsten forderte darüber hinaus, dass auf deutscher wie auf europäischer Ebene Rüstungsexporte an sogenannte Drittstaaten grundsätzlich untersagt werden. Solche Staaten gehören nicht zu EU und Nato, sie sind auch nicht wie die Schweiz der Nato gleichgestellt. Begründete Ausnahmen könnten laut Jüsten über eine "Weiße Liste" festgelegt werden. Deutschland müsse hier mit gutem Beispiel vorangehen.

Als "Fortschritt" wertet die GKKE indes die deutsche Verschärfung der Richtlinien zum Export von Kleinwaffen Ende Juni dieses Jahres. Deren Ausfuhr in Drittländer soll damit grundsätzlich nicht mehr genehmigt werden. Die Kirchen fordern aber noch ein solches Verbot für Munitionsexporte.

Im ersten Halbjahr 2019 hat die Bundesregierung Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von rund 5,3 Milliarden Euro erteilt - deutlich mehr als ein Jahr zuvor, als der Gesamtwert der Genehmigungen im gleichen Zeitraum rund 2,6 Milliarden Euro betrug. Darunter waren Ausfuhrgenehmigungen an Drittländer im Wert von etwa 2,1 Milliarden Euro. Ägypten gehörte zu den Hauptempfängerländern, das Güter im Wert von rund 800 Millionen Euro erhielt.

Die Vorsitzende der GKKE-Fachgruppe Rüstungsexporte, Simone Wisotzki, kritisierte das scharf. "Deutschland kooperiert mit dem Militärregime von Präsident Abdel Fattah al-Sisi, das in der Kritik steht, Oppositionelle zu Tode zu foltern und Dissidenten zu entführen und zu töten", sagte sie.

Angeprangert werden im Bericht auch Rüstungsexporte an die Vereinigten Arabischen Emirate, die wie Ägypten zur Jemen-Kriegskoalition gehören. Geografisch bildeten Staaten in der Region des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrika "eine der größten Gruppen problematischer Empfängerstaaten", heißt es weiter.

Der Anfang 2018 ausgehandelte Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht einen Rüstungsexportstopp an alle unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligten Staaten vor. Wie aus einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der abrüstungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, hervorgeht, gehören trotzdem zum Stichtag 31. Oktober Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate zu den zehn Hauptempfängerländern für Rüstungsexportgenehmigungen - unter anderem neben Algerien und Katar. Dagdelen warf der großen Koalition "eine Missachtung eigener Prinzipien und Gesetze" vor. "Die Bundesregierung befeuert mit ihren Waffenlieferungen die Konflikte im Nahen Osten."

Das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" hält Deutschland für mitverantwortlich für einen kontinuierlichen Anstieg im internationalen Waffenhandel. Traurigstes Beispiel einer fragwürdigen deutschen Rüstungsexportpraxis sei der Krieg im Jemen, wo sich die weltweit größte humanitäre Katastrophe abspiele: Mehr als 24 Millionen Menschen - etwa 80 Prozent der Bevölkerung - seien auf Hilfe angewiesen. "Mehr Waffen führen nicht zu mehr Frieden", mahnte die Präsidentin des Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel.