Noch kein Geld aus Hilfsfonds an Colonia-Dignidad-Opfer geflossen

Noch kein Geld aus Hilfsfonds an Colonia-Dignidad-Opfer geflossen

Berlin (epd). Aus dem neuen Hilfsfonds für Opfer der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile ist bislang kein Geld an die Betroffenen geflossen. Wie der Evangelische Pressedienst (epd) am Dienstag aus dem Auswärtigen Amt erfuhr, waren "die Vorbereitungen zur Umsetzung noch nicht abgeschlossen". Das Hilfskonzept einer Gemeinsamen Kommission von Bundestag und Bundesregierung war im Mai vorgestellt worden. Als Zeichen der Anerkennung ihrer Leidensgeschichte erhalten demnach Opfer der Colonia Dignidad in Chile finanzielle Unterstützung aus der Bundesrepublik. Sie sollen möglichst schnell und unbürokratisch bis zu 10.000 Euro pro Person bekommen können. Die Gesamtkosten werden auf 3,5 Millionen Euro für rund fünf Jahre beziffert. Davon wurde eine Million Euro noch für 2019 freigegeben.

Nach Angaben aus Ministeriumskreisen gab es im Oktober und November Veranstaltungen in Deutschland und Chile sowie Schreiben an die Betroffenen über Interessengruppen und Verbände, damit potenzielle Antragsteller über den Fonds und das Prozedere informiert sind. Für die Antragstellung werde sich die Internationale Organisation für Migration (IOM) direkt an die Betroffenen wenden und bei den Formalitäten Unterstützung anbieten, hieß es.

Die Colonia Dignidad diente während der Militärdiktatur in Chile (1973-1990) als Folterzentrum des Geheimdienstes. Die Sektensiedlung sorgte auch wegen Fällen sexuellen Missbrauchs und illegalen Waffenhandels für Schlagzeilen. Sekten-Gründer Paul Schäfer starb 2010 in chilenischer Haft. Die Überlebenden leiden bis heute unter den Folgen der Gewalt, des Missbrauchs und der Sklavenarbeit. Das Auswärtige Amt erkennt an, dass deutsche Diplomaten zu wenig für den Schutz ihrer Landsleute getan haben. Rechtliche Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland sind nach Meinung der Bundesregierung aber dadurch nicht entstanden.

Mit den neuen Hilfen sollen die Folgen gemildert werden, die den Betroffenen durch ihren Aufenthalt in der Siedlung entstanden sind. Finanziert werden etwa Psychotherapien oder Leistungen zur Vorsorge und Rehabilitation, zur Pflege oder zur Weiterbildung. Außerdem sollen auch Leistungen von Pflegediensten für bedürftige Personen bezuschusst werden, die keinen Zugang zum deutschen Sozialsystem haben.

Das Angebot richtet sich an die deutschen Bewohner der Colonia Dignidad sowie an die chilenischen Staatsbürger, die als Kinder dort lebten. Straftäter sind von den Leistungen ausgeschlossen, wer Täter und wer Opfer ist, entscheiden Experten nach Gesprächen.