Messer-Angreifer vor Synagoge in Psychiatrie

Messer-Angreifer vor Synagoge in Psychiatrie
Innenverwaltung verstärkt Polizeipräsenz vor jüdischen Einrichtungen
Nach einem glimpflich verlaufenen Vorfall vor einer Berliner Synagoge rätseln Polizei, Justiz und Jüdische Gemeinde weiter über die Hintergründe.

Berlin (epd). Nach einem mutmaßlichen Angriffsversuch mit einem Messer vor einer Berliner Synagoge hat Berlins Innenverwaltung erhöhte Polizeipräsenz vor jüdischen Einrichtungen angekündigt. "Wir nehmen die ganze Situation sehr ernst", erklärte Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) am Dienstag in Berlin.

Die Polizei werde insbesondere an diesen Tagen anlässlich des höchsten jüdischen Feiertags, des Versöhnungstags Jom Kippur (8./9. Oktober), ein besonderes Augenmerk auf jüdische Einrichtungen haben. Akmann kündigte erhöhten und sichtbaren Kräfteeinsatz im Umfeld jüdischer Einrichtungen an. Die Einsatzkräfte seien sehr sensibilisiert.

Hintergrund ist ein Vorfall vom vergangenen Freitag vor der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße. Ein 23-Jähriger hatte laut Polizei am Nachmittag zunächst die Absperrung überstiegen und war dann mit einem Messer auf Mitarbeiter des Objektschutzes zugelaufen. Dabei habe er sich geweigert, das Messer fallen zu lassen und mehrfach "mit ruhiger Stimme, vermeintlich in Arabisch" gesprochen. Mithilfe von Reizstoff wurde er den Angaben zufolge letztlich überwältigt und festgenommen.

Mittlerweile befindet sich der mutmaßliche Angreifer in einem psychiatrischen Krankenhaus, wie die Berliner Staatsanwaltschaft am Dienstag über Twitter mitteilte. Zur Begründung hieß es weiter, es bestehe "kein dringender Tatverdacht einer Straftat, lediglich der Anfangsverdacht eines Hausfriedensbruchs". Weder eine Befragung, noch eine Durchsuchung der Wohnung hätten Aufschluss über das Motiv gegeben. Wegen mangelnder Haftgründe war der Mann am Samstagmorgen wieder aus der Haft entlassen worden, hieß es in der Polizeimitteilung.

Der Zentralrat der Juden hatte die Freilassung scharf kritisiert. "Die rasche Freilassung des Täters ist unfassbar", erklärte Präsident Josef Schuster am Montag in Berlin. Er warf der Staatsanwaltschaft vor, "fahrlässig mit einem Anschlagsversuch auf eine Synagoge umgegangen" zu sein und sprach von "Versagen". Laut Staatsanwaltschaft liegen derzeit keine Voraussetzungen für einen Haftbefehl vor. Der Verdächtige sei strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.

Als Reaktion auf den Vorfall vor der Synagoge hatte Akmann am Dienstag kurzfristig die sogenannte reaktive Gruppe des Runden Tisches gegen antisemitische Gewalt einberufen. Der Runde Tisch hatte sich erst kürzlich konstituiert. Die reaktive Gruppe besteht aus Innenstaatssekretär Akmann, dem Antisemitismusbeauftragten der Polizei Berlin, Wolfram Pimp, sowie Sicherheitsbeauftragten der jüdischen Gemeinden.

"Wir haben die jüdische Gemeinde heute über Hintergründe zur Person sowie über unsere Erkenntnisse zu dem Vorfall informiert", sagte der Innenstaatssekretär. Damit sollten alle jüdischen Mitbürger die derzeitige Sicherheitslage besser nachvollziehen und einschätzen können. Die vertraulichen Einzelheiten unterlägen einem Strafermittlungsverfahren.

Die reaktive Gruppe dient den Angaben zufolge unter anderem als Kommunikationskanal für Sicherheitsanliegen in die Gemeinden hinein, um über besondere Vorfälle aufzuklären.