Oberverwaltungsgericht: Pflegekammer nicht verfassungswidrig

Oberverwaltungsgericht: Pflegekammer nicht verfassungswidrig

Lüneburg, Hannover (epd). Die Pflichtmitgliedschaft in der umstrittenen niedersächsischen Pflegekammer verstößt nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichtes in Lüneburg nicht gegen das Grundgesetz. Daran ändere auch die Beitragspflicht für die Pflegefachkräfte nichts, sagte Gerichtspräsident Thomas Smollich am Donnerstag in Lüneburg. Damit scheiterten zwei Klägerinnen, die sich dagegen geweht haben, der Kammer anzugehören, auch in zweiter Instanz. Ein Jahr nach ihrer Gründung hat das Obergericht erstmals in Sachen Pflegekammer entschieden. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. (AZ: 8LC 116/18 und 8LC 117/18)

Wie bereits das Verwaltungsgericht Hannover entschieden auch die Lüneburger Richter, das Land habe mit dem Gesetz zur Gründung der Kammer innerhalb der ihm zustehenden Gesetzgebungskompetenz gehandelt. Die Einrichtung der Kammer sei vornehmlich eine politische Entscheidung, sagte Smollich.

Das Gericht wies die Klage einer Geschäftsführerin eines Pflegeheimes und stellvertretenden Pflegedienstleiterin aus Burgwedel bei Hannover zurück. Aus ihrer Sicht ist das Pflegekammergesetz des Landes nicht verfassungsgemäß und eine Pflichtmitgliedschaft unverhältnismäßig. Angesichts bundesrechtlicher Vorgaben sei der Einflussbereich der Pflegekammer begrenzt, sagte ihr Anwalt, Holger Jacobj (rpt Jacobj). Dagegen sei der Eingriff in die Rechte der Mitglieder durch die Zwangsmitgliedschaft und damit verbundene Gebührenzahlungen erheblich.

Der Staatssekretär im Sozialministerium, Heiger Scholz, begrüßte die Entscheidung des Gerichts. Mit der verpflichtenden Mitgliedschaft sei eine demokratische Legitimation sichergestellt, aus der heraus der gesamte Berufsstand Pflege seine Interessen wirkungsvoll vertreten könne. In Kürze werde ein unabhängiges Institut prüfen, ob die Arbeit der Pflegekammer nach der Startphase in ausreichendem Maße den Interessen der Pflegekräfte zugute kommt.

Die zweite Klägerin, die mittlerweile in Osnabrück im Aufnahmemanagement einer Neurologie beschäftigt ist, hatte gegen die Mitgliedschaft geklagt, weil sie ihre jetzige Tätigkeit nicht als Pflegeberuf sieht. Sie sei vornehmlich in der Verwaltung tätig. Das Kammergesetz ist allerdings weit gefasst. "Allein, dass die Klägerin von Kenntnissen ihrer Ausbildungsinhalte profitieren könnte, reicht nach dem Gesetz aus", sagte Smollich. Allerdings handle es sich um einen Grenzbereich.

Die Präsidentin der Pflegekammer, Sandra Mehmecke, würdigte die Urteile gegenüber dem epd als Stärkung der Selbstverwaltung in der Pflege. "Das stärkt die Pflegekammer", sagte sie. Zudem sei deutlich geworden, wie breit und facettenreich das Berufsbild einer Pflegefachkraft sei.

Der Pflegekammer gehören nach eigenen Schätzungen rund 90.000 Pflegefachkräfte an. Pflichtmitglieder sind Pflegefachkräfte mit Abschlüssen in der Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Kinderkrankenpflege. Bereits seit dem Jahreswechsel gibt es teils heftige Proteste gegen die Kammer und deren Beitragspflicht. Einer Online-Petition gegen die Kammer hatten sich zuletzt rund 50.000 Menschen angeschlossen. Immer wieder tragen Pflegekräfte ihren Protest auch auf die Straße. Die Kammer soll die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen berufspolitisch vertreten.

epd lnb/db jup