Kulturrat: Kultur auf Kirchentag nicht nur am Rande abhandeln

Kulturrat: Kultur auf Kirchentag nicht nur am Rande abhandeln
Auch EKD-Kulturbeauftragter Claussen gegen «Nischenprogramm»

Berlin (epd). Der Deutsche Kulturrat hat die Kirchen und besonders den Deutschen Evangelischen Kirchentag aufgefordert, Kulturdebatten nicht nur am Rande des Geschehens abzuhandeln. Künstler und kultureller Diskurs brauchten keine speziellen Kirchen und exklusive Orte, sondern die "Einbindung ins Innere der Kirchentage und das Innere der Kirchen", erklärte Geschäftsführer Olaf Zimmermann in einem Gastbeitrag für die evangelische Monatszeitschrift "zeitzeichen" (August-Ausgabe). Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, erklärte am Dienstag in Berlin, er stimme Zimmermann weitgehend zu. Ein Team des Kirchentags wolle sich nach den Ferien beraten.

Zimmermann kritisierte, beim evangelischen Kirchentag im Juni in Dortmund hätten sich die vielfältigen Diskussionsorte rund um die Westfalenhalle befunden. Doch sei die "Kulturkirche" im Norden der Stadt, mehr als eine halbe Stunde Fahrzeit entfernt, untergebracht worden. "Diese Situation ist schon seit einigen evangelischen Kirchentagen zu beobachten, die Kultur erhält exklusive Orte, aber außerhalb des politischen Geschehens. Das ist sicher gut gemeint, aber nicht wirklich zielführend", so der Kulturrats-Geschäftsführer.

Für den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt 2021 schlug Zimmermann, der auch der berlin-brandenburgischen Landessynode angehört, ein anderes Vorgehen vor: Dieses Christentreffen könnte "eine neue Verortung der Kulturdebatte und mit ihr der Künstlerinnen und Künstler in den Kirchentag ermöglichen und damit auch deutlich Wirkung auf die beiden Kirchen ausüben". Denn das Fehlen der Kultur inmitten der Debattencamps auf den Kirchentagen beeinträchtige nachhaltig auch die Diskussionen in den anderen Bereichen, schrieb der Kulturrats-Geschäftsführer in "zeitzeichen".

"Wie kann man zum Beispiel heute über Maßnahmen gegen den Klimawandel sprechen, ohne die kulturelle Dimension mit zu denken? Wir haben beim Klimawandel schon längst kein Erkenntnisproblem mehr, aber ein massives Umsetzungsproblem", erklärte Zimmermann. Gesellschaftliche Änderungen hin zu mehr nachhaltigem Leben seien nur durch einen kulturellen Wandel möglich: "Die Kultur ist der Schlüssel oder der nachhaltige Verhinderer von gesellschaftlichen Transformationsprozessen."

Die Kirchen fremdelten mit einem erweiterten Begriff von Kultur, der nicht nur Kunst und Literatur umfasse, sondern auch Lebensformen, Wertesystem und Traditionen, schrieb Zimmermann. Angesichts von Migration und Integration werde man sich aber über das eigene Kulturgefüge neu verständigen müssen. "Und diese Verständigung ist in erster Linie in einer (überfälligen) Kulturdebatte zu finden."

Der EKD-Kulturbeauftragte Claussen sagte zu der Kritik Zimmermanns: "Da ist viel Wahres dran." Das Vorbereitungsteam des kulturpolitischen Programms des Kirchentags wolle sich nach der Sommerpause zusammensetzen, um die teils guten, teils frustrierenden Erfahrungen auszuwerten. "Ich finde es wichtig, dass der Dialog mit der Kultur kein Nischenprogramm auf dem Kirchentag ist, weil er mitten hinein führt in die Debatten unserer Zeit", sagte Claussen dem epd.

Vom Deutschen Evangelischen Kirchentag (Fulda) war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen. Der 3. Ökumenische Kirchentag findet vom 12. bis 16. Mai 2021 in Frankfurt am Main statt.