Politikberater zu Flüchtlingspolitik: Nicht auf EU-Lösungen warten

Politikberater zu Flüchtlingspolitik: Nicht auf EU-Lösungen warten
05.08.2019
epd
epd-Gespräch: Franziska Hein

Frankfurt a.M. (epd). Bei der Regulierung der Migration sollte Deutschland nach Auffassung des Politikberaters Gerald Knaus nicht mehr auf europäische Lösungen warten. "Es ist sinnlos, immer nur gesamteuropäische Lösungen und eine europäische Umverteilung der Flüchtlinge zu fordern. Man muss dort ansetzen, wo es Politiker gibt, die etwas tun wollen", sagte Knaus dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er schlug bilaterale Abkommen zwischen einzelnen EU-Ländern wie Deutschland und afrikanischen Ländern vor, um den stetigen Zuzug von Migranten zu stoppen. Dafür brauche es mehr als die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer.

Knaus gilt als Vordenker des EU-Türkei-Abkommens, das im März 2016 ausgehandelt wurde. Es hatte damals dafür gesorgt, dass die Flüchtlingsrouten über den Balkan geschlossen wurden.

Um die Zuwanderung aus Afrika in die EU besser zu kontrollieren und zu regulieren, könnten Abkommen mit Herkunftsländern helfen, deren Bürger in Deutschland keine Chance auf Anerkennung als Flüchtling haben, erläuterte der Vorsitzende der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI). "Wir brauchen realistische Einigungen mit Herkunftsländern, die im beiderseitigen Interesse sind." Als Beispiel nannte Knaus das westafrikanische Land Gambia, aus dem in den vergangenen fünf Jahren 45.000 junge Menschen nach Europa gekommen seien. Das entspreche fast jedem 50. Bürger des Landes.

Knaus schlug ein Abkommen zwischen Deutschland und Gambia vor, das einen Stichtag festlegt, ab dem die Regierung in Gambia jeden Staatsbürger zurücknimmt, der sich auf den Weg macht. Im Gegenzug müsste sich die deutsche Regierung verpflichten, Gambier, die seit 2016 in Deutschland sind, nicht massenhaft abzuschieben und denen, die hier sind, eine Ausbildung zu ermöglichen. Außerdem müsste Deutschland in die Entwicklungszusammenarbeit mit Gambia investieren. "Bislang gibt es kein einziges Abkommen dieser Art."

Ein Konzept, um Migration auf humane Art und Weise zu regulieren, sei mehrheitsfähig, sagte Knaus. "Ich glaube, dass hier für Politiker mit Fokus und Vision greifbare Erfolge auf dem Tisch liegen." Wähler hätten auch widersprüchliche Gefühle. Sie wollten einerseits Kontrolle und andererseits wollten sie nicht, dass Menschen ertrinken. Die Wähler wollten einerseits keine Rückkehr in Zeiten, als Zehntausende Menschen am Tag über die Grenzen der EU kamen, und andererseits wollten sie nicht, dass die EU mit Folterern zusammenarbeite.