Bundesländer wollen Bußgelder bei Schulstreiks weiter vermeiden

Bundesländer wollen Bußgelder bei Schulstreiks weiter vermeiden
Seit Monaten gehen Schüler freitags auf die Straße, um die Politik zu einen stärkeren Klimaschutz anzutreiben. Im neuen Schuljahr wollen die Behörden weiterhin flexibel reagieren und bei einzelnen Fehlzeiten nicht auf die Schulpflicht pochen.

Frankfurt a.M. (epd). Schüler, die sich während der Unterrichtszeit an "Fridays for Future"-Demonstrationen beteiligen, können auch im neuen Schuljahr auf Nachsicht und Flexibilität der Schulleitungen hoffen. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den für die Schulen zuständigen Ministerien ergab, verzichten die Bundesländer weiterhin auf genaue Vorgaben für die Lehrer, wie auf Demonstrationsteilnahmen und Fehlzeiten zu reagieren ist. Alle Ministerien verwiesen auf die Schulpflicht, viele lobten aber zugleich das demokratische Engagement der Jugendlichen.

Dass infolge der Schulstreiks Bußgelder verhängt wurden, ist in keinem Bundesland bekannt. "Sie schienen auch unverhältnismäßig", heißt es zum Beispiel aus dem baden-württembergischen Kultusministerium. Bußgelder würden am ehesten verhängt, wenn Eltern die Schulferien verlängern, um mit ihren Kindern früher in den Urlaub zu fahren oder später zurückzukehren. Ein Sprecher des brandenburgischen Schulministeriums sagte, grundsätzlich würden unentschuldigte Fehlstunden oder Fehltage auf dem Zeugnis vermerkt. Wenn die Schulpflicht nicht erfüllt werde, sprächen die Lehrer zunächst mit Schülern und Eltern.

Am Donnerstag hatte die Stadt Mannheim zunächst verhängte Bußgelder gegen streikende Schüler wieder aufgehoben. Die Bußgelder seien zwar "formal korrekt", aber in der Sache nicht geboten gewesen, hieß es zu Begründung. Die Ordnungsbehörde monierte, dass die betreffende Schule vorab nicht alle anderen zur Verfügung stehenden Erziehungsmaßnahmen ergriffen habe. Ein Bußgeld sei nur letztes Mittel.

Die Debatte über ein schärferes Vorgehen gegen streikende Schüler hatte der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) entfacht. Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz sagte der Wochenzeitung "Die Zeit", die Proteste hätten ihr Ziel erreicht, der Klimaschutz sei als zentrales Thema in Politik und Medien angekommen. Jetzt noch weiter der Schule fernzubleiben, bringe nichts. Auch die Verhängung von Bußgeldern schloss der CDU-Politiker als letztes Mittel nicht mehr aus. "Wenn sich ein harter Kern bildet, der freitags gar nicht mehr erscheint, müssen wir zu entsprechenden Mitteln greifen", sagt Lorz.

Lorz' Ministeriumssprecher Stefan Löwer relativierte später die Äußerungen. Der Umgang mit Fehlzeiten wegen der Teilnahme an "Fridays for Future"-Veranstaltungen liege grundsätzlich weiterhin in der pädagogischen Verantwortung von Lehrkräften und Schulleitungen. "Derzeit gibt es keine Erwägungen zu einem geänderten Umgang mit der Teilnahme an den Schülerdemonstrationen im neuen Schuljahr", sagte Löwer dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Ein Sprecher des Bildungsministeriums in Sachsen-Anhalt sagte, bevor ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verletzung der Schulpflicht eingeleitet werde, gebe es zahlreiche pädagogische Maßnahmen. "Bei einzelnen Fehlstunden werden immer pädagogische Mittel angewendet", stellte der Sprecher klar: "Inwieweit im kommenden Schuljahr bei einzelnen Schüler verstärkte Schulpflichtverletzungen auftreten werden, die ein Ordnungswidrigkeitsverfahren notwendig machen, lässt sich derzeit nicht einschätzen." Sachsen-Anhalt werde bei seinem bisherigen Weg bleiben.

Einige Ministerien betonten explizit, dass die Demonstrationen außerhalb der Schulzeiten stattfinden sollten. "Sich für eine sinnvolle Sache im Rahmen einer Demonstration zu engagieren, hängt nicht von der Tageszeit ab" und müsse nicht in der Schulzeit stattfinden, hieß es aus dem bayerischen Kultusministerium.

In anderen Bundesländern bekommen die Lehrer Tipps, wie Unterricht und Demonstrationen in Einklang zu bringen sind. "Da ist ein bisschen Kreativität gefragt", sagte eine Ministeriumssprecherin in Mecklenburg-Vorpommern. Die Lehrer könnten die Proteste und deren wichtige Thematik in den Unterricht integrieren, und in diesem Kontext könne der ganze Klassenverband teilnehmen. Denn die Themen Klima- und Umweltschutz sollten generell Gegenstand des Schulalltags sein.

epd lde/kfr jup