Deutschland wirbt in EU für Sofortmechanismus für Flüchtlinge

Deutschland wirbt in EU für Sofortmechanismus für Flüchtlinge
So etwas wie die Odyssee der "Sea-Watch 3" unter Carola Rackete will die Bundesregierung nicht mehr sehen. In Brüssel unternimmt sie daher einen neuen Anlauf für einen Verteilmechanismus für Flüchtlinge.

Brüssel (epd). Die Bundesregierung will das Gezerre um die Aufnahme von Bootsflüchtlingen beenden und dazu einen humanitären Sofortmechanismus schaffen. Alle zur Solidarität bereiten Staaten müssten sich jetzt rasch zusammenfinden, sagte Außenstaatssekretär Michael Roth (SPD) am Montag vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Er wolle, "dass wir zu einer menschlichen Lösung kommen".

Der Mechanismus diene dazu, auf dem Mittelmeer gerettete Migranten in Sicherheit zu bringen, erklärte der Staatsminister im Auswärtigen Amt. Zugleich müssten Staaten wie Italien und Malta, die einen Hafen zur Verfügung stellen, wissen, "dass wir sie mit den Geflüchteten nicht alleine lassen".

Am Wochenende hatte Ressortchef Heiko Maas (SPD) den Vorschlag zu einem "Bündnis der Hilfsbereiten für einen verbindlichen Verteilmechanismus" gemacht. Deutschland sei bereit zu garantieren, immer ein festes Kontingent an Geretteten zu übernehmen, sagte der Außenminister. Er schlug vor, dass jene europäischen Staaten vorangehen, die bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen.

Unterdessen sprach sich Italiens Außenminister Enzo Moavero Milanesi am Wochenende für einen strukturierten und stabilen Mechanismus für die Umverteilung von Migranten aus, wie die Zeitung "Corriere della Sera" meldete. Nach erster Einschätzung der Bundesregierung geht es dabei aber wohl um etwas Langfristigeres als die eigenen Pläne. Roth äußerte sich zwar "dankbar" für die "konstruktive" Rolle seines Amtskollegen. Er habe aber den Eindruck, dass Lösungsvorschläge, die nicht sofort greifen können, keinen substanziellen Fortschritt bringen.

Milanesi sprach sich der Zeitung zufolge auch dafür aus, dass die EU-Staaten ihre Rettungsmissionen für Migranten im Mittelmeer wieder aufnehmen. Bedingung sei, dass nicht alle Geretteten nach Italien gebracht würden, wie es in der Vergangenheit passiert sei. Menschen aus Kriegsgebieten sollten Milanesis Willen zufolge von außerhalb der EU einen Asylantrag stellen können. Zu diesem Zweck sollten in friedlichen Nachbarländern der kriegsführenden Staaten europäische Büros eingerichtet werden.

Unterdessen kritisierte Österreich Initiativen zur Verteilung von Flüchtlingen. Außenminister Alexander Schallenberg sagte in Brüssel mit Blick auf die Rede über "humanitäre Korridore", "Verteilmechanismen" und "Koalition der Willigen", die Diskussion dürfe nicht um Jahre zurückgedreht werden. Es bringe nichts, immer nur einen Aspekt herauszugreifen. Vielmehr brauche es auch eine Kooperation mit Drittstaaten und Außengrenzschutz. "Ein Verteilungsmechanismus innerhalb Europas schützt eigentlich nur die Schlepper in ihren Geschäftsmodellen", sagte Schallenberg.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, begrüßte dagegen Maas' Initiative. "Jetzt müssen Taten folgen und zwar so schnell wie möglich", sagte der bayerische Landesbischof am Montag dem Radiosender Bayern2. Man könne dabei auch nicht warten, bis alle Länder mitmachten. Zugleich betonte der EKD-Ratsvorsitzende mit Blick auf das EU-Außenministertreffen, dass es "natürlich Aufgabe des Staates" sei, Menschen im Mittelmeer aus Seenot zu retten.

Die Linke im Bundestag erhob weitergehende Forderungen an die Bundesregierung. Mit Blick auf Aussagen der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete erklärte die innenpolitische Sprecherin Ulla Jelpke: "Die Bundesregierung muss umgehend allen in Libyen befindlichen Flüchtlingen eine sichere Überfahrt über das Mittelmeer und eine Aufnahme in Deutschland ermöglichen."

epd lbm/ps kfr