Städtetagspräsident fordert Debatte über Folgen von verrohter Sprache

Städtetagspräsident fordert Debatte über Folgen von verrohter Sprache

Frankfurt a.M. (epd). Der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung (SPD), fordert eine gesellschaftliche Debatte darüber, was Drohungen und eine verrohte Sprache anrichten können. "Der Mord oder vielmehr die Hinrichtung von Walter Lübcke muss auch Anlass sein, darüber bundesweit zu diskutieren", sagte Jung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). Man dürfe nicht zulassen, dass Leute, die sich für das Gemeinwesen einsetzten, menschenunwürdig behandelt und in einem schlimmen Jargon verhöhnt würden.

"Es beginnt mit Worten, und auf Worte folgen Taten", sagte der Leipziger Oberbürgermeister. Jung zufolge hat es seit der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 "eine unglaubliche Zunahme an Beleidigungen und Verleumdungen gerade auch gegen Kommunalpolitiker, bis hin zu Morddrohungen und Gewalt" gegeben. Das sei vor allem in kleineren Städten und Gemeinden ein großes Problem, wo persönliche Informationen über Amtsträger bekannt seien, im Internet geteilt und dann auch deren Familien bedroht würden.

Viele Kommunalpolitiker aber trauten sich damit nicht an die Öffentlichkeit, weil sie glaubten, im Amt ein dickes Fell haben zu müssen oder die Sache ansonsten noch schlimmer zu machen. "Klar ist für mich: Wir dürfen solche Taten nicht tabuisieren", sagte Jung. Zugleich verwies er auf Feuerwehrleute, Rettungskräfte, Polizisten und Behörden-Mitarbeiter, die ebenfalls "viel zu häufig" beleidigt und bedroht würden. "Das ist kaum noch zu ertragen", so Jung.

Der 61 Jahre alte Politiker, der seit 2006 Oberbürgermeister in Leipzig ist, forderte zudem, sich nicht an Respektlosigkeiten zu gewöhnen. "Auch im Netz muss Leuten, die sich im Ton vergreifen, entschieden widersprochen werden." Schärfere Gesetze hält Jung jedoch nicht für nötig, vielmehr müssten vorhandene Vorschriften konsequent angewendet werden.

Zuvor waren Drohungen gegen die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bekanntgeworden. Sie war bereits 2015 bei einem Messerattentat lebensgefährlich verletzt worden. Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke war am 2. Juni spätabends vor seinem Wohnhaus mit einem Kopfschuss getötet worden. Der als tatverdächtig inhaftierte Stephan E. hat mehrere Vorstrafen, darunter auch für einschlägig rechtsextrem motivierte Taten. Lübcke war wegen seiner Haltung in der Flüchtlingspolitik offenbar in der rechtsextremen Szene verhasst. Anfeindungen wurden vor allem im Internet geäußert.

epd jup